Konkurrent über Gladbach-Ambitionen Freiburg-Coach Streich nachdenklich: „Komplizierte Prozesse“
Noch keine zwei Siege am Stück, hohe Klatschen, aber bemerkenswerte Erfolge in Highlight-Spielen. Die aktuelle Gladbach-Saison ist eine Achterbahnfahrt.
Die Leistungsschwankungen von Borussia Mönchengladbach brachten die Verantwortlichen in den vergangenen Wochen immer wieder in Erklärungsnot. Trainer Daniel Farke (46) und Sportdirektor Roland Virkus (56) versuchen, die Erwartungshaltung im Umfeld zu moderieren und realistische Ansprüche an Verein und Mannschaft zu stellen.
Sollte mit diesem Kader ein Platz unter den besten sechs drin sein? Wie hoch dürfen die Erwartungen nach sechs Europapokal-Auftritten in den vergangenen zehn Jahren sein? Fans und Verantwortliche waren bei diesen Fragen in der laufenden Saison nicht immer auf einer Wellenlänge.
Streich: „Normalerweise spielt Gladbach gegen Juventus Turin“
Nach dem 0:0 gegen den SC Freiburg am Samstag (6. März 2023) wurde auch der Trainer der Breisgauer, Christian Streich (57), nach seiner Einschätzung zur aktuellen Lage am Niederrhein befragt.
„Auch Borussia Mönchengladbach hat verschiedene Phasen“, holte Streich aus. „Die Bundesliga ist kein Selbstläufer, da gibt es viele gute Mannschaften. Und es gibt auch Umbruch-Phasen.“
Für Daniel Farke herrsche ein anderer Druck als beispielsweise in Freiburg: „Gladbach ist so ein großer Verein, wo alle draufschauen.“
„Du musst einfach durch gewisse Phasen gut durchkommen. Und du kannst nicht immer erwarten, dass Borussia Mönchengladbach jedes Jahr auf dem vierten, dritten, zweiten und auch nicht auf dem fünften Platz steht. Das geht nicht“, so Streich weiter.
Damit schließt sich der Freiburger Trainer den Aussagen der Gladbacher Verantwortlichen weitestgehend an. Schon zu Max Eberls (49) Zeiten hieß es, es müsse alles perfekt laufen, damit Borussia Mönchengladbach international spielen könne, wie auch Streich anmerkte.
Farke und Virkus betonten in den vergangenen Wochen immer wieder, die aktuelle Saison als Übergangsjahr zu sehen.
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Der Gladbach-Coach sagte beispielsweise Mitte Februar: „Dass wir eine Mannschaft haben müssten, die Champions League spielen müsste, weil acht oder neun der elf Jungs das vor drei Jahren noch getan haben – nein!“ Und weiter: „Graue Maus finde ich ehrlich gesagt im Moment gar nicht so schlecht. Da gibt es weitaus schlechtere Positionen.“
Streich richtete seinen Blick am Samstag auf einen weiteren Rheinland-Klub. Auch Bayer Leverkusen spielt derzeit unter den Erwartungen und liegt im grauen Tabellenmittelfeld – einen Punkt vor Gladbach auf Rang neun.
„Wir sind diese Saison über zehn Punkte vor Gladbach und Leverkusen“, hob Streich fast entschuldigend hervor. „Das sind super Mannschaften, aber es gibt Verletzungsprobleme, Spieler kommen in ein gewisses Alter. Das sind komplizierte Prozesse.“
„Gladbach ist eine gute Mannschaft, aber Gladbach ist jetzt im Moment nicht so gut, dass sie fünf, sechs, sieben Spiele hintereinander gewinnen. Da muss man dann damit leben, dass man auch mal nicht in den Europapokal kommt. Und dann ist das normal.“
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Worte, wie sie Farke und Virkus – und über viele Jahre auch Max Eberl – immer wieder äußerten. Dass die längerfristige Erwartung dennoch eine andere ist, deutete auch Streich an.
Mit seinem SCF tritt er am kommenden Donnerstag (9. März) im Europa-League-Achtelfinale bei Juventus Turin an, für den 57-Jährigen bei weitem keine Normalität.
„Ich habe meinen Jungs gesagt: ‚Dass wir nach Gladbach fahren, vor 50.000 spielen, das ist ein absoluter Höhepunkt. Gladbach, was für ein Verein!‘ Und dann dürfen wir fünf Tage später gegen Juventus Turin spielen“, so Streich etwas ungläubig.
Dann deutete er aber auch an, warum die Erwartungen am Niederrhein wohl doch nicht ganz unbegründet sind: „Normalerweise spielt ja Gladbach gegen Juventus Turin und jetzt spielt Juventus Turin gegen Freiburg. Das ist jetzt mal so, ein Jahr. Dass wir jetzt da kicken dürfen, ist Wahnsinn. Und das ist auch nicht gegen Gladbach gesprochen.“
Daniel Farke, der die Frage an seinen Kollegen zunächst als „unfair“ bezeichnet hatte, begleitete einen Großteil von Streichs Worten mit einem Nicken. Doch auch mit der Zustimmung eines angesehenen Kollegen: Das Thema Erwartungsmanagement wird ihn wohl so schnell nicht loslassen.