Hütter: „Nicht viel verändert“ Ex-Gladbach-Coach äußert sich zu aktueller VfL-Situation
Nach nur einem Jahr war er in Gladbach wieder Geschichte.
Ex-Trainer Adi Hütter (53) musste im Sommer 2022 nach einer durchwachsenen Bundesliga-Saison (45 Punkte, Platz 10) gehen, nachdem Borussia Mönchengladbach zwölf Monate zuvor noch 7,5 Millionen Euro Ablöse an Eintracht Frankfurt überwiesen hatte, um den Österreicher an den Niederrhein zu lotsen.
Im Interview mit dem „Kicker“ am Montag (3. April 2023) spricht der 53-Jährige über seinen Wechsel aus Frankfurt, die Zeit in Gladbach und seine Pläne für die Zukunft. Zudem wirft er einen Blick auf die aktuelle Situation bei den „Fohlen“.
Ex-Trainer Hütter: Gladbach wollte „ständig um die ersten vier Plätze spielen“
Mit seiner Ankündigung, Eintracht Frankfurt zum Ende der Saison 2020/21 zu verlassen und zu Borussia Mönchengladbach zu wechseln, hat Adi Hütter seinerzeit für viel Unruhe gesorgt. In der Woche vor dem Aufeinandertreffen beider Teams im April 2021 wurde der Trainerwechsel bekannt.
„Dass das vor dem Spiel in Gladbach herauskam, war eine richtige Bombe und sehr schwierig“, so Hütter rückblickend. „Ich wollte in Ruhe weiterarbeiten. Mein großes Ziel war es, mit der Eintracht die Champions League zu erreichen. Deshalb hätte ich klar sagen müssen: Jetzt nicht, jetzt liegt mein kompletter Fokus auf dieser Saison, in der wir eine Riesenchance haben, erstmals in der Vereinsgeschichte in die Champions League zu gelangen.“
Hütter und die Eintracht verloren mit 0:4 im Borussia-Park, am Ende verspielte Frankfurt den Champions-League-Platz und wurde Fünfter.
Und wie schaffte es Gladbachs damaliger Sportdirektor Max Eberl (49), Hütter von der Borussia zu überzeugen, obwohl diese das internationale Geschäft verpassen würde?
„Er sagte, dass Gladbach ständig um die ersten vier Plätze spielen will. Ich hatte das Gefühl, dass die Perspektive dort besser als in Frankfurt ist“, erklärt Hütter. „Hinzu kam, dass Max einer der erfahrensten Sportdirektoren im deutschsprachigen Raum ist. In Frankfurt befand ich mich zu dieser Zeit im luftleeren Raum. Ich musste mich dann irgendwann entscheiden und dachte strategisch“.
Bereits in der Sommertransferperiode gab es zahlreiche Abgangsgerüchte. Leistungsträger mit auslaufenden Verträgen wie Matthias Ginter (29) oder Denis Zakaria (26) hätten verkauft werden sollen, auch Marcus Thuram (25) stand vor einem Abgang und hätte große Summe einbringen können. Alle drei blieben.
Hütter: „Wir hatten darüber diskutiert, dass wir den einen oder anderen Leistungsträger verlieren werden, um Einnahmen zu generieren und neue junge, hungrige Spieler zu holen. Das war der Plan. Schlussendlich war aber kein Geld zum Investieren da.“
Spielerisch lief es unter dem Österreicher alles andere als rund. Den Stil, der ihn in Frankfurt so stark gemacht hatte, konnte er in Gladbach nur selten umsetzen. „Es gab ja schon Probleme, nachdem Marco Roses Abgang feststand. Als Verein muss man achtgeben: Für welchen Fußball soll der Klub stehen? Und für welchen Fußball steht der Trainer, den ich hole?“
Der pressingintensiven und temporeichen „RB-Stil“, den Eberl mit der Verpflichtung von Rose und auch Hütter in Gladbach etablieren wollte, passte offenbar nicht zur Mannschaft. Auch deswegen zog Eberl-Nachfolger Roland Virkus (56) im vergangenen Sommer die Reißleine und verpflichtete mit Daniel Farke (46) einen Ballbesitztrainer.
„Wenn sich Gladbach als Ballbesitzmannschaft definiert, war meine Verpflichtung zu dem Zeitpunkt nicht richtig“, sagt auch Hütter heute. „Ich hätte das Team gerne wie in Frankfurt oder Bern mit jüngeren, hungrigen und schnellen Spielern in eine andere Richtung entwickelt. Entwicklung heißt auch, dass es zu personellen Veränderungen kommt.“
Dennoch gab es auch ein paar (wenn auch wenige) Glanzmomente. Nur einmal sei es gelungen, den Fußball zu spielen, den Hütter sich vorstelle: „Beim 5:0 gegen die Bayern im DFB-Pokal. Die haben wir an die Wand gespielt, so etwas habe ich selten gesehen.“ An die Pokal-Gala im werden sich Gladbach-Fans wohl noch lange erinnern.
Doch nur wenige Wochen später folgten drei Horrorspiele: auf ein 1:4 im Derby beim 1. FC Köln folgten eine 0:6-Heimklatsche gegen den SC Freiburg und eine weitere 1:4-Abreibung bei RB Leipzig.
Hütter: „Schwankungen gibt es jetzt auch“
„Das stimmt, die Schwankungen waren da“, gibt Hütter zu, kann ich aber einen kleinen Seitenhieb in Richtung der aktuellen Gladbacher Verantwortlichen nicht verkneifen. „Aber die Schwankungen gibt es jetzt auch noch. Da hat sich nicht viel verändert. Daniel Farke ist eher ein Ballbesitztrainer, trotzdem steht Gladbach nach 26 Spieltagen wie am Ende der vergangenen Saison auf Tabellenplatz zehn.“
Auch zum Abgang von Max Eberl, der am 28. Januar 2022 mit der Begründung, dass er „müde und erschöpft“ sei, seinen Rücktritt bei Borussia Mönchengladbach verkündet hatte, äußerte sich Hütter.
„Nach drei Monaten sagte mir Max, dass er krankheitsbedingt aufhören wird. Von Ende September bis zu seinem Abschied im Januar war er nicht mehr der Gleiche. Das war für mich als Trainer sehr schwer, denn er war ein wesentlicher Faktor, weshalb ich nach Gladbach ging.“
Hütter weiter: „Schon in Frankfurt spürte ich am Ende, was passiert, wenn du diesen Rückhalt nicht mehr hast. Das war ein Grund, weshalb wir uns in Gladbach am Ende der Saison sauber getrennt haben.“ Nach dem letzten Bundesligaspiel der Saison 2021/22 verkündeten Sportdirektor Virkus und Hütter die einvernehmliche Trennung.
Seitdem ist der 53-Jährige ohne Job. In der Bundesliga wird Hütter wohl auch eher nicht noch einmal aufschlagen, sein Plan ist ein anderer: „Mein großes Ziel ist die Premier League, daran arbeiten wir. Möglicherweise ergibt sich die eine oder andere Option.“
In den vergangenen Wochen wurde der Österreicher mit dem Job bei Crystal Palace in Verbindung gebracht. Nach der Entlassung von Patrick Vieira (46) verpflichteten die Londoner aber zunächst Roy Hodgson (75) bis Saisonende.
Was Hütter an der Premier League reizt? „Das ist die interessanteste Liga der Welt, in der auch die besten Trainer tätig sind. Es gibt dort unglaublich viele Möglichkeiten und Potenziale.“
Und weiter: „Es gibt dort keinen langweiligen Fußball, es geht rauf und runter. Es geht nicht darum, ohne Ende Ballbesitz zu haben. Deshalb glaube ich, dass ich mit meiner Idee vom Fußball sehr gut in diese Liga passen könnte.“