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Von Achim Müller

Freie Fan-Stimme im XXL-Interview Gladbachs Stadion-Poet über die Passion Borussia, Flutlicht-Träume und Fohlen-Kultur

Dirk Dillenberger, hier zu sehen am 19. Februar 2022 im Borussia-Park, ist Schriftsteller und bekennender Fan von Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach. Dillenberger steht vor den Stadiontoren im Nordkurvenbereich.

Dirk Dillenberger, hier zu sehen am 19. Februar 2022 im Borussia-Park, ist Schriftsteller, Buchautor und bekennender Fan von Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach.

Hinter Borussia Mönchengladbach liegen ereignisreiche und bewegende Wochen in der Fußball-Bundesliga. Nach dem hochemotionalen Rückritt von Sportdirektor Max Eberl (48), auf den nun Roland Virkus (55) folgt, sind die Entscheider im Borussia-Park um Präsident Rolf Königs (80), Geschäftsführer Stephan Schippers (54) und Cheftrainer Adi Hütter (52) damit beschäftigt, den VfL zurück in die Erfolgsspur und raus aus der Abstiegsregion zu führen. Auch für die Gladbacher Fanszene sind die jüngsten Ereignisse aufwühlend und emotional gewesen.

Vor dem Duell am Sonntag (20. Februar 2022) bei Borussia Dortmund hat GladbachLIVE sich daher mit dem bekannten Mönchengladbacher Schriftsteller und Buchautor Dirk Dillenberger (42) zum exklusiven Interview getroffen. Der Familienvater ist in Borussias Fankreisen ein anerkannter, unabhängiger Blogger, der mit seinen Werken und Büchern zahlreichen VfL-Treuen aus der Seele spricht. Dillenberger ordnet im Gespräch mit unserer Redaktion die jüngsten sportlichen Entwicklungen in Gladbach aus Sicht der Borussia-Basis ein.

GladbachLIVE-Interview: Buchautor Dirk Dillenberger spricht über Borussia und Flutlicht-Träume

Herr Dillenberger, Sie sind ein waschechtes Kind der Stadt Mönchengladbach. Ist Ihnen die Liebe zur Fohlen-Elf somit auch schon in die Wiege gelegt worden?
 
Ja, das ist in der Tat so gewesen. Ich bin 1979 in dieser Stadt geboren worden, in Sichtweite des Geburtshauses von Günter Netzer an der Gasthausstraße. Meine Eltern sind schon leidenschaftliche Gladbach-Fans gewesen. Ich bin seit frühester Kindheit Borussia-Anhänger.

Warum ist aus Ihrer Sicht die Beziehung der Menschen in der Stadt Mönchengladbach und am linken Niederrhein zu Borussia so intensiv, emotional und auch bedeutsam?

Weil der Verein Borussia Mönchengladbach der Stadt Mönchengladbach unglaublich viel gegeben hat – seit seiner Existenz. Die Menschen hier in der Region erfreuen sich an Borussia, dieser Verein muntert immer wieder auf, Borussia tröstet, Borussia stabilisiert, Borussia emotionalisiert die Menschen, der Verein und seine Spiele zählen für viele Menschen zu den absoluten Highlights im Alltag. Borussia bedeutet den Menschen hier seit Generationen unglaublich viel – und das bereichert diese Stadt.

Was ist mit Stolz?

Ja, auch das. Auch Stolz. Der Verein hat den Menschen hier in dieser Stadt ein Selbstwertgefühl verliehen. Viele Menschen definieren sich über Borussia Mönchengladbach. Zum Teil, ohne es zu merken. Das ist ein fließender Übergang, der Borusse und der Gladbacher sind in zahlreichen Fällen kaum voneinander zu trennen.

„FLUTLICHTTRÄUME in schwarz-weiß grün“ – so lautet das neueste Buch des Gladbacher Schrifstellers Dirk Dillenberger, der darin seine große Leidenschaft zu Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach zum Ausdruck bringt. Das Werk ist ab sofort im Buchhandel und über den Bluestarverlag erhältlich. Das Bild zeigt Teile des Buch-Covers.

„FLUTLICHTTRÄUME in schwarz-weiß grün“ – so lautet das neueste Buch des Gladbacher Schrifstellers Dirk Dillenberger, der darin seine große Leidenschaft zu Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach zum Ausdruck bringt. Das Werk ist ab sofort im Buchhandel und über den Bluestarverlag erhältlich.

Kommen wir zur aktuellen Lage bei Borussia: Wie ordnen Sie die Ereignisse in den vergangenen Monaten, die dann im Rücktritt von Sportdirektor Max Eberl gegipfelt sind, ein?

Mit Beginn der Coronakrise hat für alle Gladbach-Fans eine schwierige Situation begonnen. Aus meiner Sicht hat das jeder Borusse anders aufgenommen und verarbeitet und auch bewältigt. Über meinen Blog Fohlenkultur sind viele Menschen auf mich zugekommen, waren dankbar, wenn sie aufmunternde Worte erhalten haben. Aber auch durch kritisches Hinterfragen der Situation. Es ist viel passiert in den vergangenen Monaten. Die Stärke des Vereins ist immer der Zusammenhalt gewesen. Auch in den größten Krisen, während der beiden Abstiege, hat sich immer wieder gezeigt, dass der harte Kern der Borussen zusammenhält. Und ich habe das Gefühl, dass dies nun auch der Fall wieder sein wird. Die Menschen im Dunstkreis von Borussia Mönchengladbach sind bereit, nach vorne zu schauen. Was den Rücktritt von Max Eberl betrifft, da habe ich mich bislang nicht zu geäußert.

Weil?

Weil ich hinter den Entscheidungen des Sportdirektors Max Eberl gestanden habe und dies auch immer kommuniziert habe. Die 20 Jahre der Teamarbeit zwischen Max Eberl, dem Vorstand und allen Beteiligten im Verein haben sehr viele positive Auswirkungen gehabt. Dass die vergangenen zwei Jahre nicht so optimal verlaufen sind, lässt sich natürlich auch mit der Coronakrise begründen. Dass Marco-Rose-Thema war ein großes Thema, welches den Verein aus meiner Sicht erschüttert hat. Als dann der Sportdirektor zurückgetreten ist, war für mich ein Punkt erreicht, an dem ich erst einmal innehalten wollte. Jetzt ist es aus meiner Sicht wichtig, den Blick nach vorne zu richten und das Große und Ganze im Vordergrund zu sehen. Die Entscheidung von Max Eberl gilt es völlig zu respektieren. Die Gesundheit des Menschen muss immer im Vordergrund stehen. Was bleibt, ist eine Mammutaufgabe für alle Beteiligten im Verein.

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Wie haben Sie die jüngste Entscheidung aufgenommen, dass mit Roland Virkus ein treuer Borusse in die Fußstapfen von Max Eberl tritt?

Die Vergangenheit des Herrn Virkus, der 30 Jahre im Verein ist, er hat alle Etappen des Misserfolges und des Erfolges der Borussia seither erlebt, spricht für sich. Das ist sicherlich ein Vorteil für Herrn Virkus, ebenso seine Ausbildung als studierter Sozialpädagoge. Er findet mit Sicherheit auch einen Zugang zu jungen Spielern, was ich sehr positiv sehe. Zugleich kennt er alle Abteilungen, Mitarbeiter und das Umfeld. Er ist ganz klar ein Fachmann. Mit Blick auf die Zukunft darf man daher gespannt sein, wie sich die Situation entwickelt. Was er auf jeden Fall verdient hat, ist die Chance, die ihm der Verein nun geboten hat. Das ist anzuerkennen.

Am Sonntag kommt es für Borussia in Dortmund nicht nur zum Wiedersehen mit Ex-Trainer Marco Rose. Die Fohlen-Elf befindet sich weiterhin in einer sportlich ernsten Lage, der Abstand zu den Abstiegsplätzen ist kein Ruhekissen. Was erhoffen Sie sich von der Gladbacher Mannschaft für die verbleibenden zwölf Bundesliga-Spiele in einer bislang völlig verkorksten Spielzeit?

Ich erhoffe mir von der Mannschaft ein Weiterführen der letzten positiven Ergebnisse. Eine Körpersprache, die einem Spiel gegen Dortmund gerecht wird. Ein Dagegenhalten, ein emotionales Spiel, vor allem ein Gewinnen-Wollen. Ich denke, die Mannschaft ist sich ihrer Verantwortung auch bewusst. Gelingt es, an die Leistungen der vergangenen beiden Spiele anzuknüpfen, halte ich ein positives Ergebnis in Dortmund für möglich.

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Sie sind bei keiner Fangruppierung rund um Borussia Mönchengladbach Mitglied. Auch nicht im Fanprojekt. Hat das einen besonderen Grund?

Für mich als Autor ist eine gewisse Freiheit sehr wichtig, ich möchte frei genug sein, meine eigenen Gedankengänge führen zu können. Dass ich nicht organisiert im Fanprojekt oder einem Klub bin, hat den Hintergrund, dass ich meine völlig freie, sprich autarke Sicht auf die Dinge behalten möchte.

Können Sie uns verraten, wie Sie rund um Borussia Mönchengladbach zu dem Namen „Stadionpoet“ gekommen sind?

Ich betreibe einen Blog in den sozialen Medien, in erster Linie auf Facebook, der Fohlenkultur heißt, mit dem ich inzwischen annähernd 10.000 Follower erreiche. Zu meinen Beiträgen hat es immer wieder Kommentare und Rückmeldungen gegeben, darunter von einem Fanklub aus dem Saarland. Dieser kreierte erstmalig den Begriff Stadionpoet. Anschließend fiel der Begriff immer häufiger. Und als ich dann vor einiger Zeit zu einem Gesprächstermin von der Redaktion des „Fohlen-Echo“ ins Stadion eingeladen wurde, ist dieser Begriff später auch im „Fohlen-Echo“ zu lesen gewesen. Ich bin für diese Wertschätzung seitens der Fans überaus dankbar.

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Sie haben mit Ihrem ersten Buch, welches den Titel „Manolo, wir hören dich“ trägt, Borussias verstorbenem Bökelberg-Kulttrommer ein bemerkenswertes literarisches Denkmal gesetzt. Ihr Werk zu Ethem Özerenler ist auch ein Blick darauf, welchen Beitrag Borussia in Sachen Integration und Völkerverständigung geleistet hat. Nun haben Sie ein weiteres Buch veröffentlicht. Es trägt den Titel „Flutlichtträume“. Was hat es damit auf sich?

Flutlichtträume ist ein gewachsenes Werk. Flutlichtträume haben mich seit Kindheitstagen beschäftigt. Damit verbinde ich glorreiche Stunden am Bökelberg und später im Borussia-Park, aber auch Niederlagen, die wiederum in Trotzreaktionen mündeten. Es geht um Begegnungen mit Borussen, ob am Spielfeldrand, vor dem Stadion, in der Mönchengladbacher Altstadt oder auf Reisen. Unterschiedlichste Erlebnisse haben mich inspiriert, dieses Buch in die Tat umzusetzen. Ich schreibe einfach für mein Leben gerne. Das ist meine Leidenschaft und Passion. Die ich über Borussia wunderbar ausleben kann.

Gladbach-Trommler „Manolo“, hier zu sehen im April 1988, hat auf dem legendären Bökelberg Borussia-Fan-Geschichte mitgeschrieben. Manolo sitzt mit Trommel auf dem Zaun vor der Nordkurve.

Gladbach-Trommler „Manolo“, hier zu sehen im April 1988, hat auf dem legendären Bökelberg Borussia-Fan-Geschichte mitgeschrieben.

Welche Flutlichtmomente rund um Borussia beleuchten Sie?

Es gibt einige Momente, die mir sehr nahe gegangen sind. Ich nenne Ihnen ein Bespiel: Die niederschmetternde Niederlage gegen Bayer Leverkusen, im Oktober 1998, dieses 2:8, dem später noch der Abstieg folgte. Der Moment danach, der Weg durch das verregnete Mönchengladbach, durch Eicken, Richtung ‚Alt Eicken‘, die ehemalige Vereinsgaststätte. Dort wurde getrauert, gegrübelt, aber auch am selben Abend auch wieder Hoffnung geschöpft. Darauf, dass Borussia, früher oder später, auch wieder oben sein wird. Da, wo Borussia Mönchengladbach hingehört. Eine Niederlage kann auch ein wichtiger Moment sein. Ein anderes Beispiel wäre das Abschiedsspiel von Uwe Kamps im März 2005 im Borussia-Park. Für mich ein enorm wichtiger Abend. Das hat mich emotional unheimlich berührt. Wir haben im Block unsere Vergangenheit als Borussen vor Augen gesehen. Das ist für mich das schönste Abschiedsspiel gewesen, das es bei Borussia gegeben hat.

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Wer kommt in Ihrem neuen Buch zu Wort?

Ich habe beispielsweise mit der Tochter von Waltraud „Walli“ Hamraths sprechen und entsprechende Eindrücke sammeln können. Ich habe mit den Kindern von Albert Brülls, Borussias erstem Idol, gesprochen. Auch Spieler der Neuzeit, ob Tony Jantschke oder Patrick Herrmann, kommen in meinem Buch zu Wort. Ich habe auch einen Blick in die Zukunft gerichtet, in dem ich ein Thema zu Rocco Reitz aufgreife.

Günter Netzer (M.) ist gebürtiger Gladbacher und bis dato die wohl schillerndste Persönlichkeit, die bei Borussia Mönchengladbach gespielt hat. Auf diesem Bild ist der Welt- und Europameister am 5. September 2019 im Borussia-Park zu sehen.

Günter Netzer (M.) ist gebürtiger Gladbacher und bis dato die wohl schillerndste Persönlichkeit, die bei Borussia Mönchengladbach gespielt hat. Auf diesem Bild ist der Welt- und Europameister am 5. September 2019 im Borussia-Park zu sehen.

Für Ihre Bücher haben Sie inzwischen mit zahlreichen ehemaligen Borussia-Stars und aktuellen Spielern sprechen können. Gibt es eine Gladbach-Legende, die Sie gerne noch persönlich kennenlernen und interviewen möchten?

Ja. Günter Netzer. Den würde ich gerne mal von Altstadt-Kind zu Altstadt-Kind sprechen. Das ist ein Traum.

Abschließend: Hat Gladbachs Stadionpoet in diesen Tagen noch eine Botschaft an die Borussia-Familie?

Mehr denn je: Haltet zusammen, Borussen!