„Endlich“. Kein anderes Wort beschreibt wohl so akkurat die Gefühlslage der Fans, nachdem Manu Koné (23) am Deadline-Day an die AS Rom verkauft wurde – doch im späten Abgang steckt auch eine bittere Wahrheit.

Seit dem Abschied von Sportdirektor Max Eberl (50) im Frühjahr 2022 hält Roland Virkus (57) bei Borussia Mönchengladbach die sportlichen Zügel in der Hand. Nach dem schwachen Saisonstart, der auf eine schwer enttäuschende Saison 2023/24 folgt, steht aktuell auch der Geschäftsführer-Sport in der Kritik. Ein Blick auf sein Wirken am Niederrhein zeigt: Virkus hätte einiges besser machen können.

Abgänge ohne Erlös: Roland Virkus mit dickem Minus in Gladbach

Der Koné-Abgang ist beispielhaft für eine Transfer-Strategie des Abwartens, die Borussia in den vergangenen Jahren wohl mehrere Millionen Euro kostete. Noch unter Eberl verpflichtet, stellte sich der französische Mittelfeldspieler schnell als gelungenes Investment für den Klub heraus.

Neun Millionen Euro zahlten die Fohlen für Koné an den FC Toulouse 2021, liehen ihn noch für ein halbes Jahr an den Ligue-1-Klub aus und formten ihn ab der Saison 2021/22 dann zum Bundesliga-Spieler. Ein Jahr später stand der Marktwert des jungen Profis bei 18 Millionen Euro, im Jahr darauf dann bei satten 40 Millionen Euro.

Borussia plante Koné fest als Verkaufs-Kandidaten, träumte bereits vom Millionen-Segen. Dann machte eine Verletzung des Parisers dem VfL wortwörtlich einen Strich durch die Rechnung, es sollte nicht das letzte Mal sein, dass ein Transfer daran scheitert.

Trotz des unglücklichen Verlaufs, verpasste es Gladbach, einen Koné-Deal zum richtigen Zeitpunkt zu finalisieren. Tatsächlich klappte es dann auf den letzten Drücker. Am Deadline-Day einigten sich die beteiligten Parteien auf einen Abschied (formell als Leihe mit Kaufpflicht). Ablöse: 18 Millionen Euro, weniger als die Hälfte des höchsten Marktwerts seiner Gladbach-Zeit.

Es ist die jüngste Wechsel-Posse der Virkus-Ära, sicherlich aber nicht die schmerzhafteste. Vor allem ablösefreie Abgänge, die Borussia durch frühzeitige Vertragsverlängerungen oder aber Trennungen hätte verhindern können, schädigen die Bilanz des gebürtigen Mönchengladbachers.

Virkus, der als interne Lösung Eberl beerbte und durch seine vorige Rolle als Jugendkoordinator die Strukturen des Vereins bestens kannte, übernahm im Februar 2022 das Steuerrad. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit verließ Matthias Ginter (30) den Verein nach über fünf Jahren. Der Innenverteidiger war laut dem Portal „transfermarkt.de“ zu diesem Zeitpunkt 18 Millionen Euro schwer – doch er ging ablösefrei.

Ein Versäumnis, das weniger Virkus als seinem Vorgänger zuzuschreiben ist, sich aber nur ein Jahr später in der Personalie Marcus Thuram (27) wiederholte.

Der Stürmer, noch unter Eberl für neun Millionen Euro 2019 verpflichtet, schloss sich vor der Saison 2023/24 Inter Mailand an. Wie auch bei Ginter ließen die Borussia-Bosse Thuram ohne Ablöse ziehen, sein Arbeitspapier war ausgelaufen. Mit einem Marktwert von 32 Millionen Euro zum Zeitpunkt des Abgangs entging Virkus und Co. ein Geldsegen, der durch früheres Handeln noch hätte eingestrichen werden können.

Dazu reiht sich noch Ramy Bensebaini (27) in die Abgänge derselben Transferperiode ein, der ebenfalls ablösefrei ging – noch schwerwiegender: zur Konkurrenz, Borussia Dortmund. Glaubt man den taxierten Marktwerten, rutschten den Fohlen beim Abschied des algerischen Linksverteidigers etwa 20 Millionen Euro durch die Finger.

Hannes Wolf (25) komplettiert das Quartett der großen Verluste. Als Offensiv-Talent gehandelt, 2021 für 9,5 Millionen Euro von RB Leipzig verpflichtet, wurde schnell klar, dass der Österreicher nicht an das ihm nachgesagte Potenzial anknüpfen würde. Kurz vor der Virkus-Übernahme verlieh Gladbach Wolf zu Swansea City. Im Sommer 2022 kehrte er zurück, damaliger Marktwert: fünf Millionen Euro.

Im Januar 2024 verabschiedete sich Wolf dann ablösefrei zu New York City FC. Wieder einige Millionen, die durch einen verpassten Verkauf die Virkus-Bilanz belasten. Betrachtet man alle Spieler, die mindestens ein Profi-Spiel für Borussia Mönchengladbach bestritten haben und unter Roland Virkus den Verein verließen, macht sich zwischen Marktwert-Hochs und Ablösesummen eine Horror-Bilanz breit: Minus 93,7 Millionen Euro.

Die schockierende Zahl sollte aber mit Vorsicht interpretiert werden. Zum einen sind die von „transfermarkt.de“ angegebenen Marktwerte nur geschätzt, zum anderen kann nicht jeder Spieler-Abgang nur durch seinen Erlös bewertet werden.

Virkus auch mit Plus-Geschäften: Beyer bringt Millionen-Segen

Unter den 18 geschiedenen Profis finden sich auch zwei, die Borussia ein Plus einbrachten. So verkaufte Virkus den langjährigen Fohlen-Keeper Yann Sommer (35) in der Winterpause 2022/23 an den FC Bayern München für neun Millionen Euro, damit sogar vier Millionen über seinem Marktwert. 

Auch bei Jordan Beyer (24) hatte der 57-Jährige ein goldenes Händchen. Der Innenverteidiger aus der eigenen Jugend wurde 2022 zum FC Burnley ausgeliehen (Marktwert: 4,5 Millionen Euro). Ein Jahr später verpflichteten die „Clarets“ Beyer dann für 15 Millionen Euro (Marktwert: 16 Millionen Euro). Die Wertsteigerung darf aber durchaus der Leihe und damit auch Virkus zugeschrieben werden – daher ergibt sich ein Plus von 10,5 Millionen Euro, statt einem Minus von einer Million. 

Jeder einzelne Transfer hatte zur gegebenen Zeit wohl seine Berechtigung und Erklärung. Beispiel: Die Trennung von Christoph Kramer ein Jahr vor Vertragsende fließt in die Bilanz zwar mit minus 2,5 Millionen Euro (Höchster Marktwert unter Virkus) ein, dürfte sich finanziell aufgrund der Gehaltsersparnisse aber trotzdem gelohnt haben.

Die von Virkus verpflichteten Spieler spielen in diesem Gedankenspiel keine Rolle, doch dem Mönchengladbacher gelingen einige Coups in den vergangenen Jahren. Neben Robin Hack (26; Ablöse 1,1 Millionen Euro) sind vor allem Franck Honorat (28; 8 Millionen Euro) und die frisch gekommenen Kevin Stöger (30; ablösefrei) und Tim Kleindienst (29; 7 Millionen Euro) voll eingeschlagen.

Dennoch: Rechnet man die Ablösen aller Virkus-Abgänge zusammen und zieht den jeweils maximalen Marktwert in der Borussia-Zeit unter dem Sportboss ab, ist das Ergebnis ernüchternd. Fast 100 Millionen Euro entgingen den Fohlen unter dem aktuellen Amtsträger, da können auch zwei Transfers mit Plus-Geschäft nicht viel dran rütteln.

Alle Gladbacher Profi-Abgänge unter Roland Virkus:

Keanan Bennetts (25): Abgang: 1. Juli 2022 (Vereinslos) / Ablösefrei / Höchster Marktwert unter Virkus: 1 Million Euro (Juni 2022) / Bilanz: - 1 Million Euro

Andreas Poulsen (25): Abgang: 1. Juli 2022 (Aalborg BK) / Ablösefrei / Höchster Marktwert unter Virkus: 300.000 Euro (Juni 2022) / Bilanz: - 300.000 Euro

Matthias Ginter (30): Abgang: 1. Juli 2022 (SC Freiburg) / Ablösefrei / Höchster Marktwert unter Virkus: 18 Millionen Euro (Juni 2022) / Bilanz: - 18 Millionen Euro

Im Duell gegen den Ex-Klub: Matthias Ginter, hier am 4. November 2023, ist voll in Freiburg angekommen.

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Laszlo Benes (27): Abgang: 1. Juli 2022 (Hamburger SV) / Ablöse: 1,5 Millionen Euro / Höchster Marktwert unter Virkus: 3 Millionen Euro (Juni 2022) / Bilanz: -1,5 Millionen Euro

Breel Embolo (27): Abgang: 15. Juli 2022 (AS Monaco) / Ablöse: 12,5 Millionen Euro/ Höchster Marktwert unter Virkus: 15 Millionen Euro (Juni 2022) / Bilanz: - 2,5 Millionen Euro

Torben Müsel (25): Abgang: 30. Januar 2023 (Rot-Weiss Essen) / Ablösefrei / Höchster Marktwert unter Virkus: 400.000 Euro (April 2022) / Bilanz: - 400.000 Euro

Yann Sommer (35): Abgang: 19. Januar 2023 (FC Bayern München) / Ablöse: 9 Millionen Euro/ Höchster Marktwert unter Virkus: 5 Millionen Euro (November 2022) / Bilanz: + 4 Millionen Euro

Auch nach dem Abgang noch gern gesehen im Borussia-Park: Stadionsprecher „Knippi“ (l.) mit Yann Sommer (r.) bei dessen Rückehr am 18. Februar 2023.

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Marcus Thuram (27): Abgang: 1. Juli 2023 (Inter Mailand) / Ablösefrei/ Höchster Marktwert unter Virkus: 32 Millionen Euro (Juli 2023) / Bilanz: - 32 Millionen Euro

Ramy Bensebaini (29): Abgang: 1. Juli 2023 (Borussia Dortmund) / Ablösefrei/ Höchster Marktwert unter Virkus: 20 Millionen Euro (Juni 2023) / Bilanz: - 20 Millionen Euro

Lars Stindl (36): Abgang: 1: Juli 2023 (Karlsruher SC) / Ablösefrei/ Höchster Marktwert unter Virkus: 2,5 Millionen Euro (Juni 2022) / Bilanz: Wegen späteren Karriereendes zu vernachlässigen

Jordan Beyer (24): Abgang: 1. Juli 2023 (FC Burnley / Ablöse: 15 Millionen Euro/ Höchster Marktwert unter Virkus: 4,5 Millionen Euro (September 2022 - Beginn der Leihe nach Burnley) / Bilanz: +10,5 Millionen Euro

Brachte Borussia einen Geldsegen: Jordan Beyer, hier am 8. Juli 2022.

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Jonas Hofmann (32): Abgang: 5. Juli 2023 (Bayer 04 Leverkusen) / Ablöse: 10 Millionen Euro/ Höchster Marktwert unter Virkus: 13 Millionen Euro (Juli 2023) / Bilanz: - 3 Millionen Euro

Conor Noß (23): Abgang: 18. Juli 2023 (Blau-Weiß Linz) / Ablöse: unbekannt/ Höchster Marktwert unter Virkus: 700.000 Euro (November 2022) / Bilanz: - 

Semir Telalovic (24): Abgang: 1. September 2023 (Blackburn Rovers) / Ablöse: unbekannt/ Höchster Marktwert unter Virkus: 350.000 Euro (September 2023) / Bilanz: -

Hannes Wolf (25): Abgang: 31. Januar 2024 (New York City FC) / Ablösefrei/ Höchster Marktwert unter Virkus: 5 Millionen Euro (Mai 2022) / Bilanz: - 5 Millionen Euro

Kam am Niederrhein meist nicht über die Reservistenrolle hinaus: Hannes Wolf, hier am 13. August 2021, wurde bei Borussia Mönchengladbach nicht glücklich.

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Mamadou Doucouré (26): Abgang: 1. Juli 2024 (Vereinslos) / Ablösefrei / Höchster Marktwert unter Virkus: 100.000 Euro (Juli 2024) / Bilanz: Aufgrund der Verletzungshistorie zu vernachlässigen

Christoph Kramer (33): Abgang: 16. August 2024 (Vereinslos) / Ablösefrei / Höchster Marktwert unter Virkus: 2,5 Millionen Euro (Juni 2023) / Bilanz: - 2,5 Millionen Euro

Manu Koné (23): Abgang: 30. August 2024 (AS Rom) / Ablöse: 18 Millionen Euro/ Höchster Marktwert unter Virkus: 40 Millionen Euro (Juni 2023) / Bilanz: - 22 Millionen Euro

Gesamtbilanz: - 93,7 Millionen Euro