„Katastrophal!“ Ex-Gladbach-Kapitän Stranzl rechnet mit Borussias Defensiv-Deppen ab
Borussia taumelt dem Abgrund in der Fußball-Bundesliga entgegen. Samstag (12. März 2022) haben die Fohlen in Sachen Abstiegskampf das richtungsweisende Heimspiel (18.30 Uhr) gegen Hertha BSC auf dem Programm.
Bei einer Niederlage würde Gladbach endgültig im allergrößten Abstiegsschlamassel stecken.
Die aktuelle sportliche Krise lässt nicht nur zahlreiche Fans um ihren VfL zittern, auch ehemalige Gladbach-Größen machen sich große Sorgen um Borussia.
Gladbach: Martin Stranzl stößt das Schönreden im Borussia-Park auf
Beispielsweise Martin Stranzl, ehemaliger Kapitän und Abwehrchef von Borussia Mönchengladbach.
Der 41-Jährige war von 2011 bis 2016 Borusse, galt als absoluter Führungsspieler.
Die Lage im Borussia-Park beschreibt Stranzl im Interview mit „ran“ so: „Katastrophal!“
Der Österreicher betont zudem, auch mit Blick auf den jüngst jämmerlichen Auftritt beim Tabellenvorletzten VfB Stuttgart, dass „die Gladbacher in all den bisherigen Saisonspielen nichts dazu gelernt haben“.
Er sagt weiter: „Das ist für mich das Allerschlimmste. Es ist keinerlei Verbesserung zu erkennen, aber auch in keiner Art und Weise. Vor allem das gemeinsame Verteidigen in der letzten Linie, was ja schon in der vergangenen Saison ein großes Thema bei der Borussia war, wird nicht besser, sondern sogar eher noch schlimmer. Was diesbezüglich auf dem Rasen passiert, ist wahrlich katastrophal.“
Zur Einordnung: Borussia Mönchengladbach stellt nach 25 Spieltagen die drittschlechteste Defensive der Bundesliga. Die Mannschaft von Cheftrainer Adi Hütter (52) hat bislang 51 Gegentore hinnehmen müssen.
Nur der kommende Gegner Hertha BSC (58) und Liga-Schlusslicht Greuther Fürth (64) verteidigen noch schlechter.
Stranzl: „Diese erschütternde Defensiv-Problematik beschäftigt die Mannschaft ja schon seit Monaten. Da hat sich ja wirklich überhaupt nichts getan. Ganz im Gegenteil. Man hat sich nach dem knappen 3:2-Sieg gegen den FC Augsburg vor einigen Wochen noch hingestellt und hat sich diesen Erfolg schöngeredet, weil man endlich mal wieder drei Punkte geholt hat. Aber unter dem Strich hat man auch in dieser Partie wieder zwei Gegentore bekommen und viele Großchancen des Gegners zugelassen. Gleiches ist nach dem 0:6 bei Borussia Dortmund passiert. Wenn du sechs Gegentore kassierst, kannst du dich nicht nach dem Spiel hinstellen und argumentieren, dass du bis zum 0:3 noch gut mitgehalten und das Spiel offen gestaltet hast. Es wird also immer wieder versucht, etwas schönzureden, wo es einfach nichts mehr schönzureden gibt.“
Ex-Borusse Stranzl nimmt für die schwachen Abwehrleistungen der Fohlen-Elf in erster Linie die Spieler in die Pflicht. „Die Problematik in der Defensive existiert ja bereits seit der vergangenen Saison. Und ich brauche noch keinen Trainer der Welt, der mir als Spieler erklärt, dass ich mich im Strafraum zum Gegenspieler orientieren muss. Wenn ich mir das dritte Gegentor gegen Stuttgart anschaue, dann stehen alle Gladbacher aufgereiht wie Zinnsoldaten im eigenen Sechzehner und am Elfmeterpunkt im Rückraum sind gleich mehrere Stuttgarter frei. Auch die Klärungsversuche bei den anderen beiden Gegentoren gegen den VfB – da brauche ich eigentlich keinen Trainer dafür, um zu wissen, dass ich den Ball nicht in die Mitte kläre, sondern zur Not aus dem Stadion prügele. Sowas muss ein Spieler wissen.“
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Stranzl legt in Richtung Gladbach-Profis nach: „Und wenn er es nicht weiß und sich hinstellt, dass der Trainer ihm das als Anweisung mitgeben muss, hat er eigentlich seinen Beruf verfehlt. Auf der anderen Seite ist es vielleicht schon so, dass der Trainer seine eigene Philosophie unbedingt durchdrücken möchte und aus diesem Grund dann vielleicht nicht so viel Fokus auf die eigene Defensivarbeit gelegt wurde. Denn im Moment musst du ja bei jeder Flanke in den Gladbacher Strafraum Angst haben, dass es klingelt.“
Zur Frage, ob Hütter als Trainer bei Borussia Mönchengladbach noch zu halten sei, hat der ehemalige österreichische Nationalspieler diese Sicht der Dinge: „Genau das ist ja die Schwierigkeit. Das kann gut gehen, kann aber auch scheitern. Was soll der Verein in der jetzigen Situation machen? Sie haben mit Hütter einen Trainer für sehr viel Geld im Sommer verpflichtet, der sicherlich auch gut verdient und aufgrund der ganzen Corona-Situation werden dem Verein finanziell auch ein Stück weit die Hände gebunden sein. Da muss man eben genau abwägen, was wirtschaftlich machbar ist und was nicht. Das ist also eine extrem schwierige Entscheidung für die Verantwortlichen bei der Borussia. Aber in erster Linie nehme ich die Spieler in die Pflicht. Es kann nicht immer alles nur auf den Trainer abgewälzt werden.“
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Stranzl macht zudem deutlich, an was es bei Borussia aus seiner Sicht auch fehlen würde: Führungsspieler. Konkret: Eine „starke Gruppe Spielerpersönlichkeiten“, die beispielsweise Themen wie Grüppchenbildung in „die Hand nehmen und managen“.
Stranzl: „Das scheint es in Gladbach aber im Moment nicht zu geben.“