Exklusiv-Interview Gladbach-Stürmer schon weg? Virkus: „Es gibt kein konkretes Angebot“
Roland Virkus ist der neue Manager bei Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach. Der 55-Jährige hat sich im Trainingslager der Fohlen-Elf am Tegernsse im bayrischen Rottach-Egern mit GladbachLIVE zum exklusiven Interview getroffen.
Gibt es konkrete Angebote für Sommer, Embolo oder Thuram? Ist Rivale Köln Gladbach enteilt? Ist Borussia in der kommenden Saison ein Europapokalanwärter? Wie wichtig sind jetzt auch die Fans? Roland Virkus hat sich unseren Fragen ausführlich gestellt.
XXL-Interview mit Gladbach-Manager Roland Virkus im Tegernsee-Trainingslager
Herr Virkus, Borussia Mönchengladbach befindet sich im Trainingslager am Tegernsee. Es ist das erste Mal, dass Sie als Sportdirektor und Nachfolger von Max Eberl die Geschicke rund um den Profi-Kader leiten. Gewähren Sie uns doch bitte einen Einblick in ihre Gefühlslage.
Ich bin voller Vorfreude in dieses Trainingslager gegangen. Dass wir nach zwei Jahren, in denen wir während der Coronapandemie nicht am Tegernsee sein konnten, nun wieder hier in Rottach-Egern sind, ist natürlich wunderbar.
Wie groß ist zugleich die momentane Anspannung beim Gladbach-Manager?
Vom Umfeld her ist es natürlich etwas anderes, mit einer Profimannschaft in ein Trainingslager zu gehen. Natürlich lerne ich noch das eine oder andere dazu. Mir macht das richtig Spaß, das muss ich sagen. Ich kann mir die Mannschaft in Ruhe anschauen, ich sehe, wie sie miteinander interagiert, wie die Spieler auch nach den Einheiten miteinander umgehen. Es gefällt mir, was ich sehe.
Sie haben den Job des Sportdirektors bei Borussia Mönchengladbach in einer komplizierten Phase für den Klub übernommen. Sie stellen sich einer Verantwortung, die andere nicht übernehmen wollten.
Es ist so, dass der Verein mir über 30 Jahre lang viel gegeben hat. Der Verein hat sich in einer schwierigen Situation befunden. Und dann ist es für mich selbstverständlich, dass ich, wenn ich gefragt werde, Verantwortung übernehme.
Sie sind nun rund fünf Monate im Amt. Was dürfen die Mitarbeiter, Mitglieder und Fans der Borussia in Zukunft von Roland Virkus erwarten?
Akribische Arbeit. Sachliche Analysen der Ist-Situation. Entdecken wir Probleme, werden wir versuchen, diese bestmöglich und sachlich zu lösen. Ich möchte anpacken, Mehrwerte generieren und gute Entscheidungen für den Klub treffen.
Sie stehen als Manager von Borussia Mönchengladbach nun intensiv im Rampenlicht, nicht nur medial. Wie wichtig ist in diesem Kontext Ihre Familie, um auch mal Ruhepausen zu finden?
Ganz wichtig! Wenn du abschalten willst, dann gibt dir die Familie das sichere Becken, das du brauchst in diesem Geschäft. Man kann mal Frust ablassen, auch mal über andere Dinge sprechen. Ich bekomme auch mal eine Reflexion seitens der Familie, was mir sehr wichtig ist. Unabhängig davon, ob das dann Lob oder Kritik ist. Es werden offen und ehrlich Dinge ausgesprochen. Das bedeutet mir sehr viel. Das brauche ich auch.
Zu Beginn Ihrer Amtszeit hat es in den Sozialen Medien einige weniger schöne Reaktionen in Richtung Ihrer Person gegeben. Wie sind Sie damit umgegangen, streifen Sie so etwas einfach ab?
Es ist etwas Neues für mich gewesen. Ich musste zunächst lernen, damit umzugehen. Das ist mir aus meiner Sicht relativ schnell gelungen. Ich kann das auch entsprechend reflektieren. Man darf es nicht zu nah an sich heranlassen. Das habe ich mit der Zeit gelernt. Es ist ein Prozess.
Wer sind in der aktuellen Situation Ihre wichtigsten Ansprechpartner bei Borussia Mönchengladbach?
Ich habe ein sehr gutes Team um mich herum. Das ist ganz wichtig. Als Manager kann ich mich auch nicht um alle Dinge gleichzeitig kümmern. Es gibt Bereiche, die sind meine Kernkompetenz. Es gibt andere Bereiche, in denen ich mir Rat einhole. In Mönchengladbach ist es so, dass wir ein gewachsenes Team haben. Da wäre es wirklich fahrlässig, wenn man den einen oder anderen nicht anspricht. Wie einen Markus Aretz im Bereich Medienarbeit. Einen Steffen Korell, was das Thema Spieler anbelangt. Die Scouts sehen deutlich mehr als eine einzelne Person. Stephan Schippers ist unheimlich wichtig. Er hat eine immense Erfahrung, was Finanzen, Verträge und weitere Dinge betrifft. Ein Rainer Bonhof ist ebenfalls ein sehr wichtiger Ansprechpartner, ebenso ein Hans Meyer. Das ist Teamwork hier bei Borussia. Das war es schon immer. Am Ende trifft dann einer die Entscheidung, für die man dann gelobt oder auch kritisiert wird.
Sie haben bei der Vorstellung des neuen Cheftrainers gesagt, dass Sie während der Verhandlungsgespräche mit Daniel Farke auch kurz mal Gänsehaut bekommen haben. Wie war das in der Situation konkret?
Es gibt diese Türöffner. Ich habe im Gespräch gemerkt, dass wir gleiche Werte verkörpern. Wie beispielsweise Empathie oder Respekt. Es hat sofort auf der persönlichen Ebene gepasst. Über die sportlichen Dinge hatte ich mich im Vorfeld bereits informiert. Alles andere wäre ja auch fahrlässig. Ich wusste, welche Vorstellungen dieser Trainer von Fußball hat, wie er spielen lassen möchte. Es hat auf der sportlichen und der persönlichen Ebene hervorragend gepasst. Was zugleich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Zusammenarbeit auch funktioniert. Er hat auch verstanden, wie Borussia Mönchengladbach funktioniert. Einiges muss sich auch noch entwickeln – und dann müssen wir schauen, dass wir es auch auf den Platz bringen. Zudem wird es auch mal Situationen geben, in denen es sportlich vielleicht mal nicht so gut funktioniert. Und wenn man dann auf der persönlichen Ebene eine gute Basis hat, können auch offene Gespräche geführt werden. Das ist immens wichtig, eine ehrliche und offene Kommunikation untereinander zu haben.
Was ist das für ein Gefühl, wenn man als Manager-Neuling nach erfolgreichen Transfergesprächen die ersten Millionen-Verträge unterzeichnet. Zittert da angesichts der Summen und deren Tragweite noch ein wenig die Hand?
Das nicht. Aber man hat schon Respekt, da man sich der Tragweite bewusst ist. Es sind ja diesbezüglich andere Entscheidungen, als das bei meiner vorherigen Aufgabe als Direktor im Jugendbereich der Fall gewesen ist. Man sollte es in der Regel so gut vorbereitet haben, dass man keine zittrigen Hände haben muss.
Herr Virkus, wie lautet Ihre Mission? Wohin möchten Sie Borussia Mönchengladbach führen?
Die Mission ist zunächst einmal, den Klub wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen. Dass es um uns herum hauptsächlich wieder um Fußball, um den Klub und dessen innerste Werte geht. Wir hatten einige Nebengeräusche in den vergangenen zwei Jahren. Wir wollen uns wieder auf Fußball konzentrieren. Wir wollen aus der Position der Demut heraus wieder Fußball spielen und gute Ergebnisse erzielen. Wohin es dann sportlich geht – ich bin kein Hellseher! Wir arbeiten daran, den Klub so zu stabilisieren, dass wir auch mal wieder an die internationalen Plätze heranreichen können. Dafür ist sicherlich Geduld gefragt, ich kann nicht sagen, wie lange das letztendlich dauern wird. Aber es ist schon so, dass wir ambitioniert sind.
Was ist dafür wichtig?
Dass wir wieder eine gute Struktur hinkriegen. In der Mannschaft und um die Mannschaft herum.
Sie sagen, dass Sie es bevorzugen, den Blick nach vorne statt nach hinten zu richten. Dennoch: Wie konnte es geschehen, dass Gladbach vom sogenannten Borussia-Weg abgekommen ist?
Vielleicht hat man im Erfolgsfall einige Dinge nicht mehr gesehen, die man hätte sehen sollen. Dann kommt man schon mal vom Weg ab. Was allerdings auch menschlich ist. Jetzt gilt es halt, diesen Weg wieder zu korrigieren. Aus meiner Sicht muss auch berücksichtigt werden, dass es Dinge gegeben hat, die wir gar nicht beeinflussen konnten. Und dann kann man nicht von Fehlern sprechen. Es ist aber doch auch klar, dass es nach all‘ den Erfolgen auch mal eine Delle geben kann – die haben wir momentan. Nun gilt es, wieder in ruhigere Fahrwasser zu gelangen.
Die Coronapandemie hat Borussia wirtschaftlich schwer getroffen. Werden Sie als Manager in diesem Sommer noch weitere Transfers der Kategorie Ko Itakura tätigen können. Oder muss es dafür zunächst Spielerverkäufe oder -Abgänge geben?
Grundsätzlich ist der Kader gut aufgestellt. Ich werde keinen Spieler aktiv ansprechen und sagen: Du musst jetzt hier vom Hof. Das wird es nicht geben. Vielleicht kann es den umgekehrten Fall geben, dass ein Spieler sagt, er möchte sich noch einmal bei einem Klub einen Traum erfüllen oder etwas anderes machen. Dann muss man einfach reden. Sollte uns ein Spieler verlassen, dann wollen wir die Qualität, die wir verlieren, natürlich ersetzen. Wir wollen keinen allzu großen Qualitätsverlust.
Es gibt einige Spekulationen um Akteure wie beispielsweise Thuram, Plea, Sommer, Embolo oder Bensebaini. Konkret nachgefragt: Liegt Borussia Mönchengladbach aktuell ein Transfer-Angebot für einen Spieler aus dem Profi-Kader vor?
Nein! Es gibt kein konkretes Angebot.
Ist Manu Koné unverkäuflich?
Er ist erst einmal ein hervorragender Spieler. Unverkäuflich gibt es nicht. Es kann Situationen geben, in denen wir alle unsere Köpfe noch einmal zusammenstecken müssen und sagen: Das ist so außergewöhnlich, da müssen wir überlegen. Bei aller sportlichen Qualität, die einzelne Spieler haben. Trotzdem muss es unser Ziel sein, Manu weiter bei uns zu haben. Der Junge hat sein erstes Jahr Bundesliga hinter sich. Er hat es sehr gut gemacht. Jetzt gilt es, dass einfach auch mal zu stabilisieren. Ich denke, dass Manu das auch so sieht.
Wie wichtig ist in diesem Kontext auch der Faktor Persönlichkeitsentwicklung?
Für einen Spieler ist das immens wichtig. Wenn du eine große Karriere machen willst, dann machst du die nicht nur, weil du fußballerisch gut bist. Sondern du solltest, um eine hohe Wahrscheinlichkeit zu bekommen, ein Top-Spieler werden zu können, an diesen Dingen auch arbeiten.
Ex-Trainer Adi Hütter hat sich im österreichischen Fernsehen geäußert und über einige Missverständnisse während seiner Zeit in Gladbach gesprochen. Wie ordnen Sie das ein? Nehmen Sie ihm das übel?
Adi Hütter ist ein hervorragender Mensch und Trainer. Ihm steht es genauso zu, zu sagen, dass einige Dinge nicht so gelaufen sind, wie er sich das vorgestellt hat. Das finde ich überhaupt nicht schlimm. Adi Hütter ist ein Ehrenmann, mit dem ich einen sehr guten Austausch hatte. Offen und ehrlich. Ich kann wirklich nichts Negatives über ihn sagen.
Was trauen Sie Daniel Farke zu?
Er wird, nachdem er einen sehr guten Job in England gemacht hat, seinen Weg auch in der Bundesliga und bei Borussia finden.
Wie wichtig ist jetzt, nach einer turbulenten Saison und samt der immer noch anhaltenden Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie, die Fans hinter die Mannschaft und den Klub zu bringen?
Immens wichtig. Jegliche Energie, die sich von den Fans auf die Mannschaft überträgt, wird sich auf Ergebnisse auswirken. Wenn eine Euphorie entsteht, wenn in schwierigen Phasen die Zuschauerinnen und Zuschauer trotzdem zu uns stehen, dann schafft das eine Energie, die immens wertvoll für die Arbeit mit den Jungs ist.
Die jüngsten Derby-Niederlagen gegen Köln haben die Stimmung unter den Gladbach-Fans merklich getrübt. Der FC ist in der Tabelle an Borussia vorbeigezogen. Wie ordnen Sie das ein?
Ich habe als Trainer und Jugenddirektor diverse Derbys gegen Köln erlebt. Ich weiß natürlich, dass das für unsere Fans, aber auch für uns im Klub, enorm wichtige Spiele sind. Natürlich schaut man zum Rivalen rüber und respektiert seine Leistung. Trotz alledem ist es so, dass wir in der neuen Saison wieder an die Erfolge anknüpfen wollen, die wir gegen den 1. FC Köln in der Vergangenheit erzielt haben. Das ist aber eine ganz normale Rivalität, die zum Fußball dazugehört. Es sollte allerdings immer im Rahmen bleiben. Die Kölner haben uns zuletzt geärgert, es sei ihnen gegönnt. Und jetzt werden in der neuen Saison alles dafür tun, dass wir das wieder drehen. Das Derby hat eine besondere Bedeutung, klar, wir haben in der neuen Bundesligaspielzeit aber auch noch 32 andere wichtige Spiele.
Sie haben als Sportdirektor das Team hinter der Mannschaft in den vergangenen Wochen merklich verändert und sich auch von Mitarbeitern getrennt. Was sind die Hintergründe?
Bei einem Neuanfang ist es wichtig, dass man nach vorne schauen kann. Wir haben die Rollen klar definiert, uns ist wichtig, dass die Entscheidungswege kurz sind. Kurze Wege zum Trainer, um schnelle Entscheidungen treffen zu können. Darum haben wir die Struktur verändert.
Abschließend: Wäre es aus Ihrer Sicht unseriös oder seriös, wenn Sie von Fachleuten und Medien mit Blick auf die kommende Bundesligasaison in den Kreis der Europapokalanwärter orakelt werden würden?
Unsere Mannschaft ist gut. Aber es wäre in einer gewissen Art und Weise unseriös. Ich sage Ihnen auch, warum: Wir sind in den vergangenen zwei Jahren Achter und Zehnter geworden, daher wäre das aus meiner Sicht nicht passend. Ich halte es für viel seriöser, zu sagen, stabilisieren, Spiel für Spiel zu nehmen und schauen, wohin der Weg für Borussia Mönchengladbach geht.