„Sehe schon Potenzial im Team“ Neu-Coach Seoane geht Aufgabe in Gladbach gelassen an
Gerardo Seoane (44) startet in turbulenten Gladbacher Zeiten. Der Schweizer Coach erhält unfreiwillig die Chance, ein neues Team aufzubauen. Seine Vorgänger hatten die Möglichkeit nicht und scheiterten.
Gladbach: Trainer Seoane steht schwierige Aufgabe bevor
Forsche Ansagen oder Zielsetzungen gab es von Gerardo Seoane bei seinem offiziellen Arbeitsantritt bei Borussia Mönchengladbach nicht. Zu groß ist der personelle Umbruch der Borussia, zu groß die Herausforderung für den dritten neuen Trainer bei einem Trainingsauftakt in Gladbach seit 2021.
„Wir wissen, es wird Geduld brauchen“, sagte der 44 Jahre alte Schweizer am Sonntag (9. Juli 2023) nach der ersten Trainingseinheit bei seinem neuen Klub vor rund 1.500 Fans.
Seine beiden unmittelbaren Vorgänger Adi Hütter (53) und Daniel Farke (46) waren vor allem daran gescheitert, dass der dringend benötigte personelle Umbruch nicht durch Verkaufseinnahmen finanziert werden musste.
Nach nun auch laut Seoane „nicht gewünschten“ teils ablösefreien Abgängen der halben Stammelf spricht der Schweizer selbst von einem „Start bei null“ für ihn.
Dass Seoane ein neues Team aufbauen muss, war dem Ex-Coach von Young Boys Bern und Bayer Leverkusen schon bei seiner Unterschrift klar. Die ablösefreien Abgänge von Kapitän Lars Stindl (34/Karlsruher SC), Torjäger Marcus Thuram (25/Inter Mailand) und Linksverteidiger Ramy Bensebaini (28/Borussia Dortmund) standen da bereits fest.
Auch, dass nach Möglichkeit der derzeit verletzte Manu Koné (22) für rund 30 bis 40 Millionen Euro noch verkauft werden soll, um den Umbau zu finanzieren, war Seoane klar.
Dass aber der als Korsettstange fest eingeplante und als neuer Kapitän gehandelte Jonas Hofmann (30) seine Ausstiegsklausel zieht und für zehn Millionen Euro lieber nach Leverkusen wechselt, stellt auch den neuen Coach vor ein Problem. „Wir werden für den Preis nicht die gleiche Qualität, die gleiche Erfahrung und das gleiche Standing bekommen“, räumte Seoane offen ein.
Zwar soll in den kommenden Tagen im Franzosen Frank Honorat (26) Ersatz von Stade Brest Ersatz kommen, doch insbesondere im Sturm muss bei der Borussia noch mehr passieren.
In Thuram, Hofmann, Stindl und Bensebaini sind die vier erfolgreichsten Gladbacher Torschützen der vergangenen Saison nun weg. Innenverteidiger Nico Elvedi (26) ist mit drei Törchen der beste Torschütze der vergangenen Saison des aktuellen Kaders.
Und auch der Schweizer könnte Gladbach noch verlassen. Neben Koné und Elvedi gelten auch Florian Neuhaus (26) und Alassane Plea (30) als Verkaufskandidaten, um Geld für neue Stars zu generieren.
Rechnet man den im vergangenen Winter zu Bayern München gewechselten Torhüter Yann Sommer (34) hinzu, haben sechs Stammspieler und Leistungsträger Gladbach verlassen und mindestens ein weiterer dürfte noch hinzukommen.
„Dass so viele gestandene Stammspieler gehen, ist für mich auch das erste Mal“, gestand Seoane, der den von Teilen der Fans derzeit gelebten Fatalismus angesichts des Aderlasses aber nicht teilt. Spätestens seit sich in Leverkusen ein Klub, der sich in den vergangenen Jahren auf Augenhöhe mit der Borussia befand, mit Hofmann einfach so in Gladbach bedienen konnte, geht in einigen Fanforen offen Abstiegsangst um. Seoane aber bleibt gelassen und befand: „Ich sehe schon ein Potenzial im Team.“
*Anzeige: Aktuelle Gutscheine für den Fanshop von Borussia Mönchengladbach im EXPRESS-Gutscheinportal sichern*
Welches genau, will er erst frühestens zum Saisonstart Mitte August und spätestens Anfang September nach dem Ende der Transferfrist beantworten. Erst dann dürfte die enorme Baustelle des aktuellen Borussen-Kaders fertig sein.
Dass die vielen Abgänge wichtiger Spieler auch im Team Thema sind, gestand Mittelfeldspieler Julian Weigl. „Das sind wichtige Spieler, die bei uns wegfallen. Jetzt auch noch Jonas – der tut uns natürlich weh, auch menschlich“, sagte der 27-Jährige, der ein Kandidat als neuer Kapitän ist.
Der gerade erst fest von Benfica Lissabon verpflichtete frühere Dortmunder lehnte sich dennoch weiter als Seoane aus dem Fenster und versprach: „Wir werden auf jeden Fall eine starke Mannschaft haben. Es ist noch viel Zeit bis zum Start und die Mannschaft wird sich finden.“
(dpa)