„Nicht auf den bisherigen Erfolgen ausruhen“ Gladbach-Absturz: Fan-Liebling Kasey Keller zittert mit
In Gladbach sind nicht nur seine Bratpfannenhände und die coole Art Gesprächsstoff gewesen. Er hat auch in einer richtigen Burg (Haus Donk) gewohnt, er liebte den Karneval, fiel mit den schrillsten Kostümen auf, erlaubte sich Wrestling-Einlagen mit Fohlen-Maskottchen „Jünter“, er hatte verstanden, was Derby gegen Köln bedeutet. Und Kasey Keller zeigte regelmäßig starke Leistungen als Torhüter und Kapitän von Borussia Mönchengladbach. Sein Standing beim VfL-Anhang war beachtlich.
Der 52-Jährige lebt inzwischen wieder in seiner Heimat USA, die Elf vom Niederrhein, für die er zwischen 2005 und 2007 das Tor hütete, hat der ehemalige Nationalspieler allerdings nicht aus den Augen verloren.
Ex-Kapitän Kasey Keller lobt Borussias Entwicklung, mahnt aber auch zugleich
78 Bundesliga-Spiele bestritt Keller für Gladbach, kam dazu dreimal im DFB-Pokal zum Einsatz. Aktuell arbeitet er als TV-Kommentator rund um den Fußball in den USA.
Dass Borussia derzeit in einer sportlichen Krise steckt und in den Abstiegskampf abgerutscht ist, hat Keller offenkundig aufmerksam verfolgt.
Er sagt im Interview mit „Fohlen hautnah“: „Ich hoffe, dass die Rückrunde deutlich besser verläuft, als die Hinrunde, und es Borussia in der Winterpause gelingt, an den richtigen Stellschrauben zu drehen. Was mich allerdings am meisten beeindruckt ist die Tatsache, dass Borussia ohne Investor auskommt und auf eigenen Füßen steht. Der nächste Schritt muss aber sein, Dortmund und Bayern dauerhaft angreifen zu können. Das würde ich mir von Borussia wünschen.“
Keller zeigt sich beeindruckt davon, wie sich der VfL in den vergangenen Jahren entwickelt hat. „In den letzten Jahren hat Borussia deutlich gezeigt, dass sie in der Lage sind, in der Champions League oder Europa League zu spielen. Dabei haben sie nicht die Rahmenbedingungen, die zum Beispiel englische Klubs haben. Deshalb ist es umso beeindruckender, was der Klub bisher erreicht hat.“
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Mit Rechtsverteidiger Joe Scally (18) hat Gladbach-Manager Max Eberl (48) eines der größten Talente des US-Fußballs verpflichtet. Für Keller hat sein junger Landsmann genau beim richtigen Klub angeheuert.
„Für einen jungen Spieler ist das ein gutes Umfeld. Es ist toll, dass Joe bereits in solch einem jungen Alter diese Chance bekommen hat. Allerdings musste er sich diese Chance auch erarbeiten, denn man bekommt nichts geschenkt, auch bei Borussia nicht. Das hat er getan. Er hat sich durch gute Leistungen in der U23 für die Profis empfohlen und zahlt dieses Vertrauen nun zurück.“
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Keller sagt zur aktuellen Krisen-Situation seines Ex-Vereines noch: „Max (Eberl, Anm. d. Red.) macht bei Borussia einen großartigen Job. Nun ist er aber in einer schwierigen Phase. Es ist immer einfacher, an die Spitze zu kommen, als dort zu bleiben. Er hat es geschafft, Gladbach von einem Mittelfeld-Team zu einem ernsthaften Anwärter für Europa zu machen.“
Keller betont zudem: „Nun müssen Max und Borussia es schaffen, das nachhaltig fortzuführen, denn sie können um die Champions League spielen. Borussia darf sich nicht auf den bisherigen Erfolgen ausruhen, denn dadurch ist auch eine neue Erwartungshaltung entstanden. Die Frage wird sein, wie schnell kann man sich von dieser kleinen Krise erholen und wie gestärkt kommt man da wieder raus. Man darf sich aber auch nicht von ein paar schlechten Ergebnissen aus der Ruhe bringen lassen.“
Auch das Hickhack um die auslaufenden Verträge von Spielern wie Denis Zakaria (25) oder Matthias Ginter (27) hat Keller auf dem Schirm. Seine Sicht der Dinge: „In Deutschland gibt es meiner Meinung nach nur einen Klub, zu dem man wechseln sollte, um dauerhaft Titel zu gewinnen, das ist nunmal der FC Bayern München. Borussia muss es schaffen, mit Dortmund und Leipzig auf Augenhöhe zu sein, dann wird man dahin auch keine Spieler mehr abgeben müssen. Wenn sie dauerhaft um die Champions League spielen können, wird man auch nicht immer wieder Spieler abgeben müssen. Das muss auf Dauer das Ziel sein, denn die Rahmenbedingungen sind gegeben, aber nun muss der nächste Schritt erfolgen.“
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Über Gladbachs jetzigen Torhüter-Star, den Schweizer Yann Sommer (33), sagt Keller: „Yann hat sich über die letzten Jahre in der Bundesliga als einer der besten Torhüter etabliert und einen sehr guten Job gemacht.“
Keller schwärmt auch über Gladbachs Torwart-Legende Uwe Kamps (57): „Borussia hat aber immer schon gute Torhüter hervorgebracht, das liegt aber auch an einem guten Job von Uwe Kamps. Für mich ist er einer der besten Torwarttrainer der Welt, denn er ist für den Erfolg der Torhüter mitverantwortlich. Das Training mit Uwe war sehr fordernd und intensiv. Er hat es geschafft, mich auf ein neues Level zu bringen. Uwe ging es immer darum, was das beste für einen Torwart ist und nicht für jemanden anderen, das zeichnet ihn aus. Er hat sich auf die Bedürfnisse und Stärken der einzelnen Torhüter eingestellt und wollte ihn zu einen besseren Spieler machen.“
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Geht es nach Keller, könnte der Kontakt zur Borussia in Zukunft auch wieder etwas enger werden. „Nach meinem Umzug nach Amerika war es schwierig, zu den Mitspielern Kontakt zu halten, alleine schon wegen der unterschiedlichen Zeitzonen. Die Corona-Krise hat die Rahmenbedingungen auch nicht unbedingt erleichtert, aber ich möchte unbedingt wieder mehr Kontakt zu den alten Teamkollegen pflegen und auch mal wieder in den Borussia-Park kommen.“
Kasey Keller, den sie in Gladbach „The Wall“, die Mauer, genannt haben, trägt offensichtlich immer noch die Borussia-Raute im Herzen...