GladbachLIVE-Interview Fohlen-Trainer Adi Hütter: „Mit einem Verein wie Borussia, sollte ein Titel immer das Traum-Ziel sein“
Harsewinkel. Seit Juli 2021 ist Adi Hütter (51) Borussias neuer Cheftrainer. Im Trainingslager an der Klosterpforte in Harsewinkel-Marienfeld hatte er nun etwas Zeit, die Mannschaft besser kennenzulernen und das Team auf die Saison 2021/22 vorzubereiten. Im exklusiven Interview mit der GladbachLIVE-Redaktion spricht er über seinen Abschied aus Frankfurt, seine Ziele mit Borussia, Titelträume und sein Leben neben dem Fußball.
Gladbachs neuer Trainer im exklusiven Interview
Herr Hütter, vor Ihrem Wechsel zu Borussia Mönchengladbach sah es lange nach einem Verbleib bei Eintracht Frankfurt aus. Bei „Sky“ hatten Sie zwischenzeitlich sogar bestätigt, dass sie bleiben. Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie Ihre Meinung geändert haben?
Ich habe diese Aussage guten Gewissens getroffen. Zu diesem Zeitpunkt gab es kein konkretes Angebot und ich hatte auch kein Interesse, zu einem anderen Klub zu wechseln. Über meinen Berater kamen dann das Gespräch mit Max Eberl und das Interesse von Gladbach. Bis zur Länderspielpause Ende März habe ich aber mit niemandem gesprochen. Erst dann habe ich mich mit Max zu einem ersten Gespräch getroffen. Er hat mich vom ersten Tag an überzeugt, Trainer von Borussia Mönchengladbach zu werden. Natürlich hat es dann auch in Frankfurt Veränderungen auf den Positionen von Fredi Bobic und Bruno Hübner sowie Wolfgang Steubing, dem Aufsichtsratsvorsitzenden, gegeben, die nicht unwichtig waren. Wenn man auf einem Stuhl mit vier Beinen sitzt und drei davon plötzlich weg sind, ist es nicht einfach. Auf der anderen Seite muss ich aber auch sagen, dass ich mit der neuen Führung ebenfalls ein sehr ordentliches Verhältnis hatte. Mich hat es dennoch extrem gereizt, Trainer von Borussia Mönchengladbach zu werden, weshalb ich eine Entscheidung treffen musste. Diese habe ich getroffen – ich habe bei einem tollen Verein gearbeitet und bin jetzt auch wieder bei einem tollen Verein..
Eine Ausstiegsklausel in Ihrem Vertrag hat den Wechsel zu Borussia möglich gemacht. In Ihrem jetzigen Kontrakt ist allerdings so eine Klausel nicht verankert. Wieso?
In Frankfurt war es so, dass wir den Vertrag verlängert haben und beide Parteien mit der Ausstiegsklausel und der festgeschriebenen Ablösesumme einverstanden waren. Ich hätte damals nicht gedacht, dass es einen Klub gibt, der bereit ist, diese Summe zu zahlen, nur um mich zu holen. Bei meinem Vertrag in Mönchengladbach war diesmal aber relativ schnell klar, dass es keine Ausstiegsklausel geben wird. Es war Max‘ ausdrücklicher Wunsch, dem ich gerne nachgekommen bin. Wir haben uns relativ schnell darauf geeinigt, dass wir keine Ausstiegsklausel oder Ablösesumme im Vertrag verankern.
Borussia hat für Sie 7,5 Millionen Euro Ablöse an Frankfurt gezahlt. Spüren Sie durch diese Summe einen gewissen Druck?
Nein, ich verspüre dadurch gar keinen Druck. Man muss so etwas immer ein bisschen relativieren. Borussia hat für Marco Rose fünf Millionen Euro an Ablöse von Borussia Dortmund bekommen. Zieht man diese von meiner Ablöse ab, bleiben nur noch 2,5 Millionen Euro, die zusätzlich für einen Trainer, den man unbedingt wollte, investiert wurden. Wenn man das auf drei vertraglich vereinbarte Jahre hochrechnet, sind das noch 800.000 Euro pro Jahr. Das ist eine Summe, die noch überschaubar ist, wenn man einen Trainer unbedingt haben möchte. Druck verspüre ich höchstens dahingehend, dass Borussia wieder ins internationale Geschäft will – denn das ist unser ganz großes Ziel.
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Mit Frankfurt hätten Sie schon in der kommenden Saison europäisch gespielt…
Bei meinen vergangenen Stationen in Salzburg, Bern und Frankfurt bin ich fünfmal im internationalen Geschäft dabei gewesen, was riesigen Spaß gemacht hat. Natürlich wäre es noch schöner gewesen, wenn ich in meinem ersten Jahr als Borussia-Trainer auch gleich mit dem Team international gespielt hätte. Aber das ist nun mal nicht so. Ich denke nicht großartig darüber nach, da ich vor meiner Unterschrift in Gladbach ja noch gar nicht wusste, ob es bei Borussia am Ende für den Europapokal reichen wird. Es ist nun unsere Aufgabe, dieses Jahr so zu nutzen, dass wir nächstes Jahr wieder in einem europäischen Wettbewerb vertreten sind. Das ist eine große Herausforderung, wenn man die Konkurrenz betrachtet. Dennoch sind das unsere Ansprüche und Erwartungen, denen wir gerecht werden wollen.
Rechnen Sie Borussia denn gute Chancen aus, dieses Ziel in der kommenden Spielzeit wieder zu erreichen?
Ja. Die Mannschaft ist sehr gut und hat sich in der Vergangenheit schon mehrmals bewiesen – zehn Jahre mit drei Champions-League- und drei Europa-League-Teilnahmen zeigen, dass das europäische Geschäft dem Anspruch und der Erwartungshaltung des Vereins, der Mannschaft und des Trainerteams entsprechen. Somit ist der Weg vorgegeben. Aber: Es gibt auch andere, die diesen Weg gehen wollen, weshalb wir es mit einer guten Konkurrenz zu tun haben. Aber die Qualität, um es wieder nach Europa zu schaffen, ist definitiv da.
Auch über den Gewinn von Titeln sollen Sie schon mit den Gladbach-Bossen gesprochen haben. Ist die Qualität dafür ebenfalls gegeben?
Ich denke, dass man immer ein Traum-Ziel haben sollte. Der letzte Titel ist bereits 26 Jahre her, aber mit einem so großen Verein wie Borussia, sollte ein Titel immer das Traum-Ziel sein. Dass es nicht einfach ist, dieses Ziel zu erreichen, ist logisch. Das wissen wir. Aber davon träumen, darf man schon.
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Wie sehr wird sich der Fußball von Borussia Mönchengladbach mit Ihnen als Trainer in Zukunft verändern?
Für mich als Trainer ist die hohe Qualität der Mannschaft entscheidend. Natürlich möchte ich mit ein paar Dingen und der Art und Weise, wie ich denke und den Fußball sehe, die Mannschaft in bestimmten Bereichen verändern. Aber es ist nicht so, dass es komplett anders werden wird als es vorher war. Wichtig ist es, als Trainer zu sehen, welche Qualität die Mannschaft hat, was das Beste für sie ist und in welcher Grundordnung gespielt werden soll. Ich hoffe am Ende natürlich vor allem, dass wir erfolgreich Fußball spielen.
Sie haben schon kurz nach Ihrem Antritt gesagt, dass Sie kein Zauberer sind? Wie genau war das gemeint?
Damit wollte ich sagen, dass ich nicht von heute auf morgen Dinge verändern kann, damit es so funktioniert, wie ich mir das vorstelle. Es braucht eine gewisse Zeit, da noch nicht alle Spieler wieder da sind. Derzeit sind viele junge Spieler mit dabei, die man erst einmal kennenlernen muss. Mit den EM-Spielern kommt dann in der kommenden Woche noch einmal sehr viel Qualität dazu. Bis zum ersten Pflichtspiel haben wir dann aber nur noch 14 Tage Zeit. Es kann natürlich sein, dass gleich alles super funktioniert, es kann aber genauso gut sein, dass es ein bisschen dauert. Ich bin kein David Copperfield, der sofort alles auf Knopfdruck verbessert. Wir werden aber versuchen, bestmöglich zu arbeiten und so schnell wie möglich erfolgreich zu sein.
Beim Kader gibt es derzeit noch einige Unklarheiten. Gibt es Spieler im Kader, die Sie in keinem Fall in dieser Saison verlieren möchten?
Einen Namen werde ich nicht nennen. Natürlich kann es sein, dass uns der eine oder andere Spieler verlässt, aber darauf sind wir im Verein gut vorbereitet. Ich rechne insgesamt auch nicht mit großen Veränderungen, was den Kader betrifft. Es gibt natürlich Schlüsselspieler in der Mannschaft, aber es ist auch klar, dass es Summen gibt, bei denen ein Klub nicht so einfach nein sagen kann. Bei Transferfragen bin ich aber ohnehin der falsche Ansprechpartner. Max macht das seit über einem Jahrzehnt toll. Wichtig ist, dass man immer vorbereitet ist, wenn etwas passiert.
Wie würden Sie sich selbst und Ihre Arbeit als Trainer beschreiben?
Über sich selber zu reden ist immer schwer. Aber: Wenn ich für etwas stehe, dann ist es Kommunikation. Ich bin ein Trainer, der klar in seinen Aussagen ist, wenn er etwas möchte. Ich versuche klar und deutlich durchzusetzen, was ich mir vorstelle, vor allem was das Fußballspezifische betrifft. Disziplin und Respekt innerhalb der Mannschaft sind mir natürlich sehr wichtig, aber ich habe keinen autoritären Stil. Wenn, dann bin ich als Person vielleicht eine Autorität. Trotz allem versuche ich so zu führen, dass respektvoll miteinander umgegangen wird.
Derzeit wohnen Sie in Mönchengladbach noch im Hotel – haben Sie schon einen Plan, wo Sie in Zukunft leben möchten?
Der einzige Plan, den ich habe, ist Borussia Mönchengladbach. Über private Dinge spreche ich wenig.
Sie sind verheiratet und haben eine Tochter, die in Salzburg leben. Werden Sie zwischen Gladbach und Salzburg pendeln?
Hauptsächlich wird meine Familie pendeln. Mein Schwerpunkt liegt in Mönchengladbach. In den Länderspielpausen kann es aber natürlich sein, dass ich meine Familie in Salzburg besuche. Meine Frau und auch meine Tochter werden sicherlich auch versuchen, so oft wie möglich zu den Spielen zu kommen.
Ist Ihre österreichische Heimat eine Art Ruhe-Oase für Sie, in der Sie Kraft tanken können?
Natürlich. Gerade in der Länderspielpause ist es mir wichtig, auch mal abzuschalten. Diese Zeit werde ich dann sicherlich nutzen, um nach Hause zu fahren, Kraft zu tanken und dann mit voller Energie wieder nach Mönchengladbach zu kommen.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit? Haben Sie bestimmte Hobbies abseits des Fußballs?
Früher bin ich eigentlich ein leidenschaftlicher Golfer gewesen, heute komme ich aber kaum noch dazu. Seit ich in Salzburg Cheftrainer geworden bin, habe ich acht Jahre lang nicht mehr gespielt. In der Sommer-Pause habe ich aber wieder ein bisschen damit angefangen. Ab und zu koche ich auch sehr gerne: Das habe ich bei meiner Zeit in der Schweiz auch häufiger mit meinem Co-Trainer und den Physiotherapeuten gemacht, was viel Spaß gemacht hat. Ansonsten lese ich auch gerne mal ein Buch. Außerdem nutze ich die freie Zeit, um mit Bekannten zu telefonieren – natürlich geht es dabei auch viel um Fußball.