Vom „Notstrom“ zurück zur Normalität Zuschauer im Borussia-Park: Noch sind viele Fragen offen
Mönchengladbach - Es ist eine Wachablösung mit Symbolcharakter. Vom 3. bis 16. August können Gladbachs Fans die mehr als 20.000 Pappkameraden aus dem Borussia-Park abholen. Nach den Restart der Bundesliga im Mai hatte die Aktion weltweit für Furore gesorgt.
Wenn die neue Saison Mitte September beginnt, sollen jedoch erstmals seit dann einem halben Jahr Zuschauer zu den Spielen dürfen. „Wir hoffen das, sind aber abhängig davon, was die Regierung und die Behörden entscheiden“, sagt Manager Max Eberl (46) im Interview mit GladbachLIVE.
DFL tagt zum Thema Fan-Rückkehr
Nächste Woche steht eine außerordentliche Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu dem Thema an. Die Anträge zur Änderung der Spielordnung liegen seit ein paar Tagen auf dem Tisch. Im Kern sollen die Klubs am Dienstag darüber abstimmen, dass bis Ende des Jahres keine Gästetickets verkauft werden, kein Alkohol ausgeschenkt wird, es bis mindestens 31. Oktober keine Stehplätze gibt und die Tickets so personalisiert werden müssen, dass mögliche Infektionsketten einwandfrei nachvollziehbar sind.
Zahlreiche Ultra-Gruppierungen bundesweit haben schon signalisiert: Nicht mit uns! Die Interessensgemeinschaft „Unsere Kurve“ verweist auf „die Widersprüche zwischen Gesundheitsschutz, Freizeitvergnügen und Fankultur“, die sich nicht auflösen ließen, und hält fest: „Der Besuch von Fußballspielen, wie wir ihn bisher kannten, wird daher in absehbarer Zeit nicht möglich sein.“ Sie fordert jedoch, dass alle Einschränkungen nur solange gelten, wie nötig. Zudem müssten alle Persönlichkeits- und Bürgerrechte gewahrt werden.
Anreise und Toiletten sind kritische Punkte
Bei Borussia halten sie sich öffentlich relativ bedeckt, die Verantwortlichen wollen die Ämter und Behörden nicht mit einem zu forschen Auftreten verstimmen. „Das Schauen des Spiels ist das kleinste Problem, weil es mit den Abständen und unter freiem Himmel gut zu organisieren ist“, sagt Eberl, der selbst immer wieder in Gespräche involviert ist. „Ein großes Thema sind dagegen der Zugang zum Stadion, das Verlassen und vor allem die Toiletten. Im Restaurant gehst du, wenn du musst. Im Fußball gehst du in der Regel in der Halbzeit. Dahingehend wollen wir ein gutes Konzept entwickeln, das das Gesundheitsamt guten Gewissens absegnen kann.“
Ein nicht unerheblicher Teil der Fans kann sich mit den Szenarien, wie ein Stadionbesuch in der Hinrunde aussehen könnte, nicht so recht anfreunden. Von den mehr als 5000 Teilnehmern einer GladbachLIVE-Umfrage sagten 41 Prozent, sie würden „sofort“ wieder von der Möglichkeit Gebrauch machen, sobald der Borussia-Park zumindest zum Teil gefüllt werden darf. 45 Prozent wollen erst einmal abwarten, wie die Bedingungen aussehen, 14 Prozent würden komplett verzichten, solange es Einschränkungen gibt.
Fanprojekt fragt Fans nach ihrer Meinung
Gespalten ist das Meinungsbild auch beim Fanprojekt Mönchengladbach: Bei einer Instagram-Umfrage mit knapp 2000 Teilnehmern waren 53 Prozent für eine Teilzulassung, 47 Prozent stimmten für „Alle oder keiner“. „Ich befürchte, einen einfachen Konsens zwischen den beiden Positionen wird es innerhalb unserer Fanszene nicht so leicht geben können. Dies ist in meinen Augen aber auch nicht schlimm. Wichtig ist nur, dass kein Nachteil für diejenigen entsteht, die sich gegen den Stadionbesuch entscheiden, bis der Normalzustand wieder eingetreten ist“, sagt der FPMG-Vorsitzende Thomas Ludwig.
Die 30.000 Dauerkarten in Gladbach gelten frühestens ab 2021, die Inhaber hätten in der Hinrunde jedoch ein Vorverkaufsrecht. 5000, 10.000, 15.000, 20.000 – wie viele Fans dürften anfangs wohl rein? „Wir müssen erst die Fragen beantworten, die ich gerade gestellt habe“, sagt Eberl. „Dann bin ich zuversichtlich, dass wir nicht nur mit vierstelligen, sondern vielleicht schon mit fünfstelligen Zuschauerzahlen starten können.“
Eberl: „Keine neue Normalität“
Abfinden mit dem Status nach dem Restart will sich der Manager auf keinen Fall. „Ich habe es immer als Notstrom bezeichnet. Jeder weiß, dass das nicht normal ist. Wenn ich im Rückblicke sehe, zum Beispiel das Bayern-Spiel im Dezember, habe ich das Gefühl, es ist eine andere Zeitrechnung. Aber es ist die gleiche Saison“, sagt Eberl. „Von daher gibt es keine neue Normalität: Normalität herrscht dann, wenn das Stadion wieder voll ist.“