Umstände äußerst speziell Borussia winkt Star-Transfer zum Nulltarif – aber wieso eigentlich?
Ist das ein Fehler – oder was ist der Hintergrund für diesen Deal?
Die Fans von Borussia Mönchengladbach dürften sich in den vergangenen Jahren in erster Linie über Daichi Kamada (27) geärgert haben. Der Grund liegt auf der Hand: Der Japaner wurde in seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt von Jahr zu Jahr stärker, war in seiner besten Phase ein stetiger Unruheherd in der Offensive – und auch für Borussias Defensive kaum zu greifen.
Gladbach als Profiteur von einem außergewöhnlichen Not-Deal?
Nun ist der 27-Jährige nach übereinstimmenden Medienberichten ein Kandidat bei Borussia, zuerst berichtete der stets gut informierte X-Account (ehemals Twitter) „Inside Eintracht FFM“.
Borussia und die Spielerseite sollen sich in Gesprächen befinden. Nach seinem Vertragsende in Frankfurt zum 30. Juni 2023 verließ Kamada die Eintracht, spielt aktuell bei Lazio Rom.
Kamada hatte eigentlich nach seinem Vertragsende in Frankfurt die perfekte Ausgangslage, um sich mit einem lukrativen (Langzeit-)Arbeitspapier auszustatten. Der Spielmacher befindet sich mit 27 in der Blüte seiner Karriere, wies über Jahre seine Klasse nach. Wieso ist er dann nur für eine Saison fest an die Römer gebunden?
Spieler und Verein setzten auf eine ungewöhnliche Lösung: Sie einigten sich auf einen Einjahresvertrag, vereinbarten aber eine im Vertrag festgehaltene Option, das Arbeitspapier um drei Jahre zu verlängern.
Dabei hält aber nach übereinstimmenden Medienberichten in Italien Kamada die Zügel in der Hand. Die Verlängerung bis 2027 tritt nur dann in Kraft, wenn er dem zustimmt. Der Japaner machte zuletzt aber mehrfach keinen Hehl draus, dass er mit der aktuellen Situation – und den geringen Spielanteilen – nicht zufrieden ist. Er sieht unter anderem seine Position in der Nationalmannschaft in Gefahr.
Es handelt sich also nicht um einen Fehler in diversen Fußball-Portalen, sondern schlichtweg um einen außergewöhnlichen Deal. Allerdings zeichnet sich aktuell nicht ab, dass es zu einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses kommt.
Kamada ist bei Lazio nur zweite Wahl, sein Trainer Maurizio Sarri (65) reagierte zuletzt genervt, als er auf die geringen Einsatzzeiten des Ex-Frankfurters angesprochen wurde. Dabei deutete der ehemalige Chelsea-Coach an, Kamada eigentlich nie in seinem Kader gewollt zu haben.
Das war ein weiteres Indiz dafür, dass die Umstände des Kamada-Transfers durchaus kompliziert waren. Die italienische Zeitung „Corriere dello Sport“ veröffentlichte im Anschluss an den Sarri-Kommentar zahlreiche Hintergründe dazu, wie der Deal im vergangenen Sommer überhaupt zustande kam.
Demnach sei Kamada in der Tat kein Wunschspieler Sarris, sondern eine Art Panik-Einkauf nach dem Verkauf des langjährigen Lazio-Schlüsselspielers Sergej Milinkovic-Savic (29, wechselte für 40 Millionen Euro nach Saudi-Arabien) gewesen.
Ende Juli soll der zum damaligen Zeitpunkt noch vereinslose Kamada im Lazio-Umfeld zum Thema geworden sein. Die Vorteile dieses Deals lagen auf der Hand: Es war keine Ablöse an einen Verein, sondern nur ein Handgeld fällig – zudem musste nur mit dem Spieler verhandelt werden.
Lazio sei auf den Nationalspieler zugegangen, sich aber noch nicht im Klaren gewesen, welches Profil der Verein für einen Nachfolger von Milinkovic-Savic überhaupt suche.
Der erste Anlauf des Champions-League-Teilnehmers scheiterte. Kamada habe auf ein Angebot eines spannenderen Klubs gehofft – zuvor wurde er unter anderem noch mit Barcelona und Atletico Madrid in Verbindung gebracht.
Nach der ersten Absage sei der 27-Jährige dann sogar noch in seine japanische Heimat „geflüchtet“. Bei seiner Rückkehr nach Europa habe er dann das Lazio-Angebot doch angenommen – unterschrieb aber zunächst nur für eine Saison.
So kam der Japaner bei einem im internationalen Wettbewerb vertretenen Klub aus einer Top-Fünf-Liga unter, kann aber nach einer Saison die Reißleine ziehen und sich anderweitig umschauen.
Danach sieht es aktuell auch aus! Kamada und Milinkovic-Savic sind schlichtweg verschiedene Spielertypen. Der 1,92 Meter große Serbe kommt über seine Physis, gilt als überragender Box-to-Box-Spieler und war darüber hinaus ein Führungsspieler.
Kamada ist Individualist, technisch beschlagen, aber im heutigen Fußball ein klassischer Spielmacher – mit eingeschränkten Qualitäten im Spiel gegen den Ball. Auf Kreativ-Kopf Kamada setzt Sarri derzeit höchstens als Joker.
Nutznießer dieser speziellen Konstellation könnte Roland Virkus (57) sein, der sich nun offenbar um Kamada intensiv bemüht. Für Gladbach ist ein Spieler mit der Klasse Kamadas aktuell unter normalen Umständen nicht finanzierbar.
Borussia kann dem Landsmann von Ko Itakura (27) und Shio Fukuda (19) aber ein deutlich ruhigeres Umfeld bieten, in dem der Ex-Frankfurter das Potenzial zum Schlüsselspieler hat. International werden die Fohlen aber höchstens durch den ganz großen Triumph im DFB-Pokal vertreten sein.
Setzt Kamada ein Jahr nach dem Chaos um den Lazio-Wechsel auf einen Transfer in ein Umfeld mit Potenzial zur Wohlfühloase? Das ist nach sportlich komplizierten Jahren wohl Borussias größtes Argument, um bei Kamada zu landen.