Ist Borussia eine Spitzen-Mannschaft? Das sagt Gladbach-Manager Max Eberl
Mönchengladbach - Max Eberl blickt zunächst konzentriert drein. Dann zuckt der 46-Jährige kurz zusammen, um schließlich mit klarem Blick und fester Stimme zu antworten. Zuvor ist der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach gefragt worden, was seinen Fohlen, denen in der Rückrunde, seit dem Restart der Fußball-Bundesliga während der Coronakrise, zum wiederholten Male in den vergangenen Jahren im Kampf um die Champions-League-Plätze die Puste auszugehen droht, zu einer Spitzenmannschaft fehlen würde.
Borussia hat Europa bereits sicher
Eberl ist offenkundig im Vorfeld gewappnet gewesen, seine Antwort gleicht einem Argumentations-Trommelfeuer der Kategorie: Zugehört! Eberl weist zunächst darauf hin, dass sein VfL, trotz der enttäuschenden Ergebnisse der vergangenen Wochen, frühzeitig die Teilnahme an der Europa League gesichert hat. „Es ist aus meiner Sicht ein Ausdruck von Qualität, wenn du vier Spieltage vor Ende der Saison Tabellenplatz fünf schon sicher hast. Also definitiv sicher hast. Also nicht mehr kämpfen musst.“
Wer die finanziellen Verhältnisse in Liga eins kennt und sieht, dass Klubs wie Hoffenheim, Schalke oder der kommende Gegner Wolfsburg keine Chance mehr haben, die Borussia einzuholen – in diesem Kontext sind Eberls Worte also kein Seemannsgarn.
Borussia jagt nun Leverkusen
Dass Borussia, nach mehrfacher Tabellenführung, sich mittlerweile anschickt, trotz eines Trainers Marco Rose (43), alle Berechtigungen auf ein Champions-League-Ticket zu verzocken, soll allerdings nicht verschwiegen werden. Eberl sagt, drei Spieltage vor Saisonende, dies zu den Chancen des VfL im Kampf um die Königsklassen-Tickets. Im Falle Borussia wäre das im Schlagabtausch mit Bayer Leverkusen Platz vier in der Endabrechnung.
Eberl: „Wir sind aktuell einen Punkt hinter Leverkusen. Wir haben immer gesagt, dass, wenn die anderen es zulassen, dass wir dann da sein wollen. Wir kämpfen mit Leverkusen noch um dieses ganz große Ziel.“
Was fehlt Gladbach zur Spitzenmannschaft, Herr Eberl? „Was uns zur Spitzenmannschaft fehlt? Wenn wir diese Leistungen weiter zeigen, werden wir auch unsere Punkte machen, um Leverkusen bis zum letzten Tag zu jagen. Wenn unser Kader Top-Niveau erreicht, können wir da ganz oben mithalten. Sind Kleinigkeiten gegen uns, dann weniger.“
Borussia ohne Konzern und Mäzen
Eberl schiebt in seinem Redeschwall, ohne groß Luft zu holen, nach: „Leverkusen muss mit dem Kader Champions League spielen. Wir wollen in die Champions League – das ist eine andere Ausgangslage. Was fehlt uns? Wir haben hier viel geleistet in den vergangenen Jahren. Wir müssen mit unseren Mitteln den Weg gehen. Wir haben keinen Konzern und keinen Mäzen im Rücken. Wenn unsere Mitglieder das wollen, dann werden wir das registrieren und sie befragen.“
Eberl weiß zugleich allerdings: Keine Mehrheit rund um Borussia dürfte sich alsbald dafür einsetzen, dass Scheichs oder sonstige Geldgeber das Zepter übernehmen könnten. Dazu ist die VfL-Basis zu sehr auf die 50-plus-1-Regel eingeschworen.
Eberl sagt gleich weiter: „Wenn unser Kader steht, dann können wir mithalten. Wenn bei uns ein Denis Zakaria, ein Breel Embolo, ein Thuram oder Plea ausfallen, dann haben wir eben nicht mehr diese Tiefe im Kader wie andere Klubs, die seit 30 Jahren Champions League spielen. Nur als Beispiel, weil das immer so ein bisschen untergeht.“
VfL: Keine Winter-Einkauf-Offensive
Eberl legt nach: „Leverkusen hat im Winter, nachdem sie schon im Sommer transferiert hatten, noch einmal 40 Millionen in den Kader investiert und Spieler verpflichtet. Leipzig hat Spieler verpflichtet, Dortmund auch. Wir konnten es nicht. Wir wollen dennoch diesen kleinen Strick, der uns geblieben ist, packen und dabeibleiben. Wir wollen auch die nächsten Schritte gehen – aber mit unseren Möglichkeiten.“
Bedeutet: Mit Fragen zum Thema „Spitzenmannschaft“ lässt sich nach der sechsten gesicherten Teilnahme im Europapokal während der vergangenen neun Jahre ein Max Eberl zurzeit nicht aus der Reserve locken.