So begann Traum-Karriere Matthäus verrät, welchem Gladbacher er alles verdankt
Mönchengladbach - Er ist Weltmeister. Europameister. Rekord-Nationalspieler. Rekordspielführer. Weltfußballer. Die Karriere von Lothar Matthäus (u.a. Borussia Mönchengladbach, Bayern München, Inter Mailand) ist gespickt mit Erfolgen, Titeln und Pokalen.
In Köln zur Lichtgestalt gekürt
Matthäus ist einer der größten Superstars, die der deutsche Fußball jemals hervorgebracht hat. Seine außergewöhnlichen Leistungen sind bis dato zahlreichen Menschen im Gedächtnis geblieben, weshalb die Zeitung „EXPRESS“ ihn im Sommer 2019 bei einer feierlichen Gala in Köln noch als „Lichtgestalt“ (lesen Sie hier mehr) auszeichnete. Jede große Karriere hat allerdings auch erst einmal ins Rollen kommen müssen.
Und Matthäus hat nun interessante Details verraten, wie sein Sprung auf die ganz große Fußballbühne vonstattengegangen war. Der 58-Jährige spricht im Sky-Podcast „Herz der Mannschaft“ ausführlich über seine ersten Schritte als Jungprofi. Vom Wechsel seines Heimatklubs 1. FC Herzogenaurach zur Gladbacher Borussia.
Matthäus: „Das war im Sommer 1979. Ich war damals 18 Jahre alt und schon immer Borussia-Mönchengladbach-Fan. Aufgewachsen bin ich in Herzogenaurach. Da gibt es zwei Sportschuhfabriken. Eine davon heißt Puma (die andere Adidas, Anm. d. Red.). Damals war, wie heute übrigens erneut, Puma Gladbachs Ausrüster. Und ich hatte einen ganz engen Kontakt zu Puma. Es kam dann jemand von Puma und fragte mich: ,Lothar, wenn du mal die Chance bekommen würdest, in der Bundesliga zu spielen – wo würdest du dann am liebsten spielen?‘ Das war Hans Nowak, ein ehemaliger Nationalspieler, der mittlerweile leider verstorben ist.“
Sponsor besorgte Probetraining
Matthäus berichtet weiter: „Hans, du kennst doch meinen Traumverein – und der hat mir dann ein Probetraining organisiert. Ich bin schließlich mit meinem Vater nach Mönchengladbach gefahren und habe plötzlich mit den Spielern auf dem Platz gestanden, denen ich kurz zuvor noch die Daumen gedrückt hatte, damit sie ein Bundesligaspiel gewinnen.“
Matthäus hinterließ gleich bei seinem ersten Auftritt im Fohlen-Stall einen solchen Eindruck, dass kurz darauf, wie in einem Krimi, auf seinem Hotel-Zimmer das Telefon klingelte. Ein Anruf, mit dem sein Vater und er nicht hatten rechnen können.
„Ich sollte vier Tage in Mönchengladbach zum Probetraining bleiben. Nach dem ersten Training hat mich plötzlich der damalige Manager der Borussia, Helmut Grashoff, im Hotel angerufen. Er bat mich, noch gleich am Nachmittag bei ihm zur Geschäftsstelle vorbeizukommen. Wir sind dann dahin. Meine Vater und ich dachten: ,Um Himmels willen, was ist passiert?‘ Als wir dann ankamen, da lag schon der Vertrag auf dem Tisch. Gleich am ersten Tag, nach einer Einheit. Ich bin dann wieder nach Hause gefahren und haben den unterschriebenen Vertrag wenige Monate später erfüllt. So begann 1979 meine Profikarriere. Das war eine tolle Sache.“
2.500 D-Mark Gehalt zu Beginn
Der mehrfache deutsche Meister und Pokalsieger weiß zudem noch, was ihm sein erstes Engagement als Profi für Einnahmen in die Taschen gebracht hatte. „Mein erstes Profigehalt, das ist nicht das gewesen, was heutzutage bezahlt wird. Bei mir waren es 2500 D-Mark. Brutto! Monatsgehalt. Da ist nichts übriggeblieben wie das heute der Fall ist, für eine Rolex-Uhr, Privatjet oder ein neues Auto. Für ein neues Auto habe ich zwei Jahre lang gespart. Das war kein Ferrari, sondern ein Mittelklassewagen. Ich musste mich zu Beginn meiner Karriere durchschlagen. Da waren keine großen Sprünge drin. Es ging mir mit dem – in Anführungszeichen – geringen Einkommen dennoch gut.“
Weil er sich auch sportlich in einem rasanten Tempo weiterentwickelte und entsprechend ankam beim VfL Borussia. Matthäus: „Jupp Heynckes war mein Trainer. Nach sechs Wochen gemeinsamen Training, nach einigen Berufungen von der Ersatzbank, bin ich dann am sechsten oder siebten Spieltag gegen Kaiserslautern zum Einsatz gekommen. Von da an hat mich Jupp Heynckes in jedem folgenden Bundesligaspiel gebracht. Ich habe durchgespielt und den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Ich habe bei Borussia einige internationale Erfahrungen gesammelt, wir sind im UEFA-Cup bis ins Endspiel gekommen.“
Matthäus ergänzt: „Wir spielten bei Inter Mailand, das war mein erstes großes Spiel. Acht Wochen zuvor hatte ich noch für Herzogenaurach gespielt, dann bist du bei Borussia und trittst plötzlich vor 85.000 Zuschauern in San Siro in einem wichtigen Europapokal-Duell an. Das war schon beeindruckend. Das war eine andere Welt. Wir sind dann nach Verlängerung 3:2 weitergekommen. Eine Runde später spielten wir gegen den französischen Verein AS Saint Étienne, wo damals Michel Platini gespielt hatte. So schnell durfte ich gegen Platini spielen.“
Heynckes hat mir immer vertraut
Jupp Heynckes (74) hatte Matthäus allerdings umprogrammiert. Das verlief so: „Eigentlich war ich Stürmer oder zweite Sturmspitze. Aber Heynckes hatte andere Fähigkeiten in mir entdeckt und mich zum defensiven Mittelfeldspieler gemacht. Zum Abräumer vor der Abwehr, weil ich der aggressivste Spieler war.“ Matthäus und Heynckes – dies ist über fünf Jahre hinweg offenbar eine ganz besondere Beziehung gewesen.
„Jupp hat mir vertraut. Ich habe es mit guten Leistungen zurückgezahlt. Natürlich ist er damals noch nicht so locker drauf gewesen wie in den letzten Jahren bei Bayern München. Er war verbissen und erfolgshungrig. Wenn wir am Samstag verloren haben, dann war er fast persönlich beleidigt. Dann hat es uns zwei, drei Tage im Endeffekt nicht angesprochen. Er hat uns dann schon spüren lassen, dass ihm das wehgetan hat.“
Matthäus legt nach: „Ich habe Jupp Heynckes sehr viel zu verdanken. Er hat mit mir Zusatzeinheiten gemacht, nach dem normalen Training. Er ist dageblieben. Wir haben Passspiele gemacht, wie ich den Fuß halten soll, wo die Spannung am größten sein soll. Er hat mich im Endeffekt ausgebildet.“
Matthäus berichtet von weiteren Details: „Was braucht ein junger Spieler? Einen Trainer, der dich unterstützt, der die Schwächen sieht und verbessert, die Stärken beibehält und dich fördert. Das war Jupp Heynckes. Ohne ihn hätte ich wahrscheinlich nicht so eine große Karriere machen können. Vor allem hat er mir auch die schwächeren Spiele verziehen und mich immer weiter gefördert, mich weitergebracht, Vertrauen zu mir gehabt. Das war schon wichtig in der damaligen Zeit. Jupp Heynckes hat mich damals in vielen Bereich verbessert.“
Jupp ist ein toller Trainer und Mensch
Matthäus sagt weiter: „Die Erfolge, die er als Trainer feiern durfte, die waren verdient. Jupp Heynckes ist ein toller Trainer und ein toller Mensch.“ Der aus dem Top-Talent Matthäus einen angehenden Weltklasse-Spieler formte. Matthäus stieg gleich in seiner ersten Saison am Bökelberg zum Nationalspieler auf, wurde vom damaligen Bundestrainer Jupp Derwall für die Europameisterschaft 1980 in Italien nominiert. Deutschland holte im Finale von Rom den Titel gegen Belgien.
Matthäus hatte dabei seine ersten Erfahrungen bei einem ganz großen Turnier gesammelt. Zehn Jahre später, bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien, führte Matthäus die DFB-Elf als überragender Akteur zum WM-Titel. Der größte Höhepunkt einer beeindruckenden Karriere. Die durch ein per Sponsor organisiertes Probetraining, einer Spürnase (Heynckes) samt pfiffigen Manager (Grashoff) und natürlich enormen Talent und Willen (Matthäus) in Gladbach ins Rollen gekommen war.