Premiere für Pappkameraden Corona-Experte der SPD im Gladbacher Gästeblock
Mönchengladbach - Borussia Mönchengladbach hat als erste Bundesliga-Mannschaft ihr zweites Geister-Heimspiel absolviert. Dabei war so einiges anders als am 11. März gegen den 1. FC Köln. Nicht nur das Endergebnis gegen Bayer 04 Leverkusen.
Gladbach: Nur circa 300 Leute im Borussia-Park
Für das Team von Marco Rose (43) begann es bei der Besprechung vor dem Spiel: Der Trainer trommelte seine Spieler im Presseraum des Borussia-Parks zusammen. „Da war einfach am meisten Platz. Dort konnten wir die Abstandsregeln am besten einhalten“, erklärte Rose. Die Anreise hätte wohl nur kürzer ausfallen können, wenn die Mannschaft in der Kabine geschlafen hätte. So musste sie lediglich die wenigen Meter vom direkt ans Stadion angeschlossenen Hotel zurücklegen.
Der Zugang zum Borussia-Park war streng reglementiert, im Einklang mit dem ausführlichen Hygienekonzept der DFL-Task-Force. Für jeden der nur gut 300 zugelassenen Stadionbesucher ging es am Eingang los mit einer Messung der Körpertemperatur. Und draußen? Eine Leere und Stille, wie man sie vom Borussia-Park-Areal gar nicht mehr kennt. Lediglich einzelne Fans drehten eine Runde ums Stadion und ließen sich mal auf den Bänken des Biergartens hinter der Nordkurve nieder. Ansonsten: gespenstisch.
Pappkameraden: Sommer und Ginter mit familiärer Unterstützung
Die größte Veränderung zum Geisterderby gegen Köln war optischer Natur: 13.000 Pappkameraden hatte das Fanprojekt bis zum Anpfiff gegen Leverkusen in allen Bereichen des Stadions montieren lassen. Die Aktion war in den vergangenen Wochen um die Welt gegangen, nun also die Premiere. Yann Sommer (31) und Matthias Ginter (26) hatten sogar Pappkameraden von Frau und Kind in Auftrag gegeben. Auf der VIP-Tribüne saß die ausgedruckte Meisterelf von 1970.
Leer geblieben war jedoch der untere Teil von Block 16, was in einer ansonsten gut gefüllten Nordkurve noch mehr ins Auge fiel. Die Ultras von „Sottocultura“ hatten am Tag vor dem Spiel erneut Kritik an der Fortführung der Bundesliga ohne Publikum geübt. „Seelenlose Kicks ohne Emotionen, einzig und allein um Sky und Co. zu bespielen, haben nichts mit dem Fußball gemeinsam, für den wir stehen. Die trostlose Kulisse leerer Stadien ist genau das, was diese Spiele darstellen und verdienen“, hieß es in ihrem Statement.
Gladbacher Ultras: „Falsches Signal“
Vor diesem Hintergrund bezeichnete „Sottocultura“ auch die vielbeachtete Pappkameraden-Aktion als „kontraproduktiv“: „Den gut gemeinten, karitativen Gedanken dahinter verstehen wir, halten das Signal jedoch für falsch und empfinden die öffentliche Wahrnehmung dieser Aktion als absolut gegenteilig zu dem, was die momentane Situation darstellt.“
SPD-Politiker und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (57) war in den vergangenen Wochen ebenfalls als Kritiker des Bundesliga-Restarts in Erscheinung getreten. Kurios: Das Mitglied des Deutschen Bundestages stand am Samstag als Pappkamerad im Gästeblock des Borussia-Parks. Neben ihm: Parteikollege Kevin Kühnert (30), der Vorsitzende der Jusos.
In der Süd-Ost-Ecke des Borussia-Parks sind die Lager so bunt gemischt, wie es nur geht: Dortmund-, Leverkusen-, Frankfurt-, Hertha-, Düsseldorf-, Irland-, Atlético-, Duisburg-, Schalke-, ja sogar Köln-Fans unterstützen die Aktion des Fanprojekts. Sie soll Arbeitsplätze erhalten, Spenden sammeln und zusätzlich unterstreichen, was der Bundesliga aus Sicht der Macher ohne Fans aus Fleisch und Blut fehlt.
Noch mehr Pappkameraden gegen Union Berlin
Schwarze Banner mit weißer Schrift waren deshalb in der Nordkurve aufgehängt worden. Die Aufschrift: „Stumme Mienen“, „Für Borussia. Gegen Geisterspiele!“, „Pappen-Mahnmal“, „Fußball ohne Fans ist nichts!“. Noch mindestens dreimal wird es diese Szenerie im Borussia-Park allerdings noch geben. Schon gegen Union Berlin am 31. Mai dürfte es noch voller werden: Rund 20.000 Pappkameraden sind bestellt.