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Von Piet van Riesenbeck

GladbachLIVE-Interview Borussia-Legende hofft auf Sieges-Serie im neuen Jahr

Borussias Herbert Laumen feiert 1971 die Deutsche Meisterschaft.

Fohlen-Legende Herbert Laumen feiert die Deutsche Meisterschaft 1971.

Mönchengladbach - Mit Geisterspielen ins Achtelfinale – die Saison 2020/2021 hat schon jetzt einen Platz in der Vereinsgeschichte von Borussia Mönchengladbach sicher. Genauso wie Herbert Laumen (77). Der legendäre Fohlen-Angreifer ist seit über 50 Jahren im Verein und blickt vor dem ersten Spiel im neuen Jahr gemeinsam mit GladbachLIVE zurück auf eine bewegte Spielzeit. 

Herr Laumen, die Saison der Borussia hatte schon jetzt einige Highlights parat – was hat Ihnen besonders gefallen?

Endlich der erste Sieg gegen Leipzig. In den Jahren zuvor waren wir immer nah dran. Vergangenes Jahr sind wir in Leipzig verschaukelt worden. Da wurde es jetzt langsam Zeit, dass wir gegen die gewinnen. Vielleicht ist gegen die jetzt der Knoten geplatzt.

Einer von nur zwei Bundesliga-Heimsiegen in dieser Saison. Wie bewerten Sie die sportliche Lage?

Die vier Heimspiele, die wir diese Saison Unentschieden gespielt haben, die haben wir vergangenes Jahr alle vier gewonnen. Das sind acht Punkte – die rennen wir jetzt hinterher. Das wird unheimlich schwierig, das noch mal aufzuholen. Wenn jetzt die Hinrunde vorbei ist, hat man nicht mehr die Belastung der Champions League. Da können sie mir alle erzählen, was sie wollen, das geht schon an die Knochen bei den Spielern. Die Jungs müssen schon ganz schön ackern. Irgendwann kommt der Punkt, wo man dann doch abbaut.

Ist die Belastung wirklich so viel höher als zu Ihrer aktiven Zeit? Borussia hat damals doch auch international gespielt.

Ja, aber das waren nicht so viele Spiele wie heute. Damals gab es die Gruppenphase nicht. Es gab nur die K.o.-Runde und dann war es das. Jetzt hast du von vornherein sechs Spiele. Das mussten wir ja in diesem Jahr durchziehen. Durch den verspäteten Beginn war das alles nicht so einfach.

Die Konkurrenz scheint die Belastung besser wegstecken zu können. Leverkusen steht sogar von Tabellenplatz zwei.

Die Mannschaft ist ja wirklich top drauf. Die haben natürlich einen Vorteil: Die haben ja auch sonst nie Zuschauer. Die kennen das, wenn die Ränge leer sind. Aber im Ernst: Die Leverkusener haben in dieser Saison eine tolle Mannschaft.

Sie glauben also nicht daran, dass Borussia das Rennen um die Champions League noch drehen kann?

Im Fußball ist alles möglich. Wir hatten vergangenes Jahr gegenüber Leverkusen auch sieben oder acht Punkte Vorsprung. Vielleicht legen unsere Jungs mal eine Serie hin im neuen Jahr. Man sollte die Champions League nicht abschreiben. Ich bin aber schon zufrieden, wenn Sie international spielen. Da habe ich eigentlich noch Hoffnung.

Wie schätzen Sie Borussias Chancen im Champions-League-Achtelfinale gegen Manchester City ein?

In zwei Spielen ist alles möglich, obwohl die natürlich hoher Favorit sind. Wir haben schon vier Mal gegen die gespielt und noch kein Spiel gewonnen. Das kann sich ja ändern. Wie gesagt: Im Fußball ist alles möglich.

Der Weg in dieses Achtelfinale war ja hochdramatisch. Wie haben sie das Weiterkommen in Madrid verfolgt?

Ich musste das Spiel per Konferenz gucken und hab immer gehofft, dass der sich aus Madrid nicht meldet. Dann ging das aber ziemlich schnell und die einzige Hoffnung war, dass die anderen beiden Unentschieden spielen. Von den beiden durfte ja keiner ein Tor machen. Das war natürlich Spannung pur bis zur letzten Sekunde. Als das Spiel aus war, hab ich eine Flasche Sekt auf gemacht – fürs Achtelfinale hab ich mir einen Sekt gegönnt.

War das Weiterkommen am Ende glücklich?

Klar, wenn am Ende das entscheidende Spiel tatsächlich Unentschieden endet, ist das natürlich auch das nötige Glück. Glück, dass sie sich aber vorher erarbeitet haben.

Hatten Sie nach der Auslosung und der Hammergruppe B damit gerechnet?

Als die Gruppenauslosung mit Real Madrid, Inter Mailand und Schachtar Donezk war, habe ich gedacht: Schlimmer konnte es eigentlich nicht kommen. Das hat sich auch bewiesen: Die Gruppe war so ausgeglichen. Dass die Gladbacher das geschafft haben, da kann man eigentlich nur den Hut ziehen. Das war schon Top von der Mannschaft. Zwei Mal haben Sie es ja noch versemmelt in der letzten Minute.

Das war ja des Öfteren ein Problem in dieser Saison.

Ja, stimmt. Wir haben in der Hinrunde schon einige Male in den letzten Minuten noch Tore kassiert. Da hat man schon den einen oder anderen Punkt verloren.

Herbert Laumen eröffnet im Jahr 2019 die Fohlenwelt im Borussia-Park.

Herbert Laumen spricht 2019 bei der Eröffnung der Fohlenwelt im Borussia-Park.

Woran kann sowas liegen?

Ich glaube, dass da so einer fehlt wie zu unserer Zeit Netzer, der das Spiel in die Hand nimmt und den Jungs auf dem Platz sagt: Das lassen wir uns nicht mehr nehmen! Der auch dementsprechend auftritt und mal dazwischen haut. Ich meine nicht unfair. Aber man kann sich auch Respekt verschaffen, in dem man immer mal dem Einen oder Anderen in die Parade fährt. Da bin ich der Meinung: Das hätten unsere Jungs etwas besser machen können. Also, wenn ich fünf Minuten vor Schluss gegen Real Madrid zwei Null führe, da wäre es nicht schlecht gewesen, wenn ich da mal Mal das eine oder andere taktische Foul gemacht hätte. Dann wären wir ja schon durch gewesen. Aber hat ja noch geklappt – alles gut.

Kann ein Trainer sowas auch trainieren?

Das weiß ich nicht, dafür müssen die Spielertypen hinkommen. So einer der wirklich das Spiel in die Hand nimmt. Ich habe bei uns das Gefühl, Lars Stindl wäre eigentlich der ideale Mann dafür. Der hat eine tolle Form zurzeit. Er ist am ehesten dazu prädestiniert, das Heft in die Hand zu nehmen. Natürlich Christoph Kramer auch. Der spielt auch schon wieder eine tolle Saison. Das sind die Leute die dann sagen müssen: So Männer, hier geht es zur Sache! Das lassen wir uns nicht mehr nehmen! Da fehlt vielleicht noch etwas.

Laumen: „Neuhaus, Kramer, Stindl und Sommer – sind bislang am beständigsten“

Wer ist für sie bislang der Gladbacher Spieler der Saison?

Neuhaus, Kramer, Stindl – das sind so die drei die am beständigsten sind und der Torhüter Yann Sommer natürlich. Das sind die Garanten dafür, dass die Saison eigentlich noch verhältnismäßig gut gelaufen ist. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die noch mal oben angreifen können.

Wie ist Ihr Kontakt zum Verein während der Corona-Krise?

Ich fahre auf jeden Fall einmal die Woche zum Stadion, um die Stadionluft zu riechen. Normalerweise haben wir ja immer die ehemaligen Spieler eingeladen. Das war immer sehr nett. Aber das ist jetzt seit März nicht mehr der Fall gewesen. Wir halten natürlich Kontakt und hoffen sehnlichst, dass das irgendwann Mal zu Ende geht, damit wir uns Mal wieder beim Spiel im Stadion sehen können.

Hatten Sie Mal die Chance, bei einem Geisterspiel dabei zu sein?

Ich war in der vergangenen Saison beim ersten Geisterspiel gegen Köln im Stadion. Dann habe ich noch das Spiel gegen Union Berlin gesehen, als 10.000 Zuschauer reingelassen wurden. Seitdem nichts mehr. Seitdem liege ich samstagsnachmittags auf der Couch und gucke mir die Spiele an.

Wir würden Sie die Stimmung bei so einem Spiel beschreiben?

Du hast geglaubt, das ist ein Trainingsspiel oder so. Als ginge es um nichts. Dabei war das ein ganz wichtiges Spiel für die Bundesliga. Das ist schon gewöhnungsbedürftig ohne Zuschauer. Das ist brutal. Da wären ja bei jedem Spiel 50.000 Zuschauer gewesen. Das ist eine ganz andere Atmosphäre. Man hört die Spieler rufen. Man hört die Anleitung vom Trainer. Das ist ja sonst gar nicht möglich.

Wie schätzen Sie die Lage rund um den Verein ein?

Das Glück von unserem Verein ist, dass er wirtschaftlich immer sehr gut dagestanden hat. Ich gehe davon aus, dass er auch jetzt noch gut dasteht. Wir haben das Glück, dass wir uns für die Champions League qualifiziert haben, was ja auch einiges bringt. Für das Achtelfinale kommen noch mal 9,5 Millionen dazu und wenn es dann noch weitergeht… Wie gesagt: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und dann hoffen wir, dass das Stadion im Jahr 2021 zumindest teilweise wieder betreten werden darf.