Saison-Start schöngeredet? Felix Magath rechnet knallhart mit Gladbach ab: „Muss Philosophie hinterfragen“
Mönchengladbach. Der schlechte Saison-Start von Borussia Mönchengladbach beschäftigt auch nach der erneuten Pleite beim FC Augsburg am Samstag (18. September/0:1) die Fußball-Welt. Nun hat sich auch Felix Magath (68) zur derzeitigen Krise bei den Fohlen geäußert. Er sagt: Das gute Spiel gegen Bayern zu Beginn habe den Klub über die vorherrschende Problematik hinweggetäuscht.
Gladbach nach fünf Bundesliga-Spieltagen auf dem Relegations-Platz
Ein Sieg, ein Unentschieden und drei Niederlagen – so die ernüchternde Bilanz der Gladbacher nach fünf Spieltagen. Bedeutet: Nur vier Zähler und derzeit Platz 16 in der Bundesliga-Tabelle. Der VfL Borussia Mönchengladbach steht zu Beginn der Saison 2021/22 auf dem Relegationsplatz – und das, obwohl nach dem Verpassen der Europapokal-Plätze in der Vor-Saison eigentlich diesmal wieder oben angegriffen werden sollte.
Der schlechte Start der Gladbacher Borussia überrascht: War man doch mit einem starken 1:1 gegen Rekordmeister Bayern München am 13. August nahezu verheißungsvoll in die Bundesliga gestartet.
Genau dieser vermeintlich gute Start könnte Borussia in den folgenden Wochen zum Verhängnis geworden sein. Das zumindest vermutet Trainer und Manager Felix Magath, der als TV-Experte beim Pay-TV-Sender „Sky“ gemeinsam mit Armin Veh (60), Lothar Matthäus (60) und Gastgeber Patrick Wasserziehr (55) bei „Sky90“ über den Fehlstart der Gladbacher sinnierte.
„Ich bin ja immer kein Freund von Ausreden“, begann Magath seine Ausführung zu dem Thema. „Insofern, muss man halt aufpassen, wenn man so ein Spiel wie das gegen den FC Bayern zu Beginn hat und dann sogar gewinnst oder unentschieden spielst, dass du dir das dann nicht schönredest.“
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Magath fuhr fort: „Der FC Bayern war zu Beginn dieser Saison eben in der schlechtesten Verfassung, die es gab.“ Die Partie zu Beginn der Saison sei vor allem deshalb so schwierig für die Münchener gewesen, weil sie so viele Spieler bei der Europameisterschaft hatten, die dann zu unterschiedlichen Zeitpunkten zurückgekommen sind.
„Das war also keine richtige Bayern Mannschaft, gegen die man gespielt hat und das hat dann vielleicht alle getäuscht im Klub, dass man eben gegen die Bayern so gut ausgesehen hat und deshalb hat man das dann anders bewertet“, so der 68-Jährige.
In den Folge-Wochen habe sich dann aber gezeigt, dass man derzeit nicht in den Top-Teams der Liga mithalten könne. „Jetzt so langsam kommt aber das erwachen. Na gut, Verletzungen – die kommen aber auch bei jedem Verein dazu, das ist eben auch wieder so eine Sache. Das gehört ja mit zum Geschäft“, betont Magath.
Armin Veh, von 1985 bis 1986 selbst Spieler bei den Fohlen sieht den Ursprung der Gladbacher Probleme schon weit früher. Er sagte bei „Sky“: „Es ist insgesamt eine schwierige Situation – die haben sie eigentlich schon das letzte halbe Jahr gehabt, als bekannt gegeben wurde, dass Rose (Ex-Trainer Marco Rose, Anm. d. Red.) nach Dortmund geht. Da haben sie ja auch noch den Europapokal-Platz verloren, sind nur achter geworden – da gings schon los.“
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Veh weiter: „Jetzt so einen Start zu haben ist natürlich auch nicht hilfreich. Wenn du als neuer Trainer anfängst und dann gleich auch erfolgreich bist, dann wird es ja nicht einfacher. Bei ihm kommt ja auch noch hinzu, dass sie auch ein paar Fälle nicht gelöst haben, die dazu führen, dass einen Verunsicherung da war – geht Thuram noch weg, geht Zakaria, bleibt Ginter – die Verträge laufen doch nächstes Jahr aus von den beiden. Dann ist jetzt Thuram, der ein ganz wichtiger Spieler vorne ist, längere Zeit verletzt. Auch Embolo hat in Augsburg nur die letzten zehn Minuten gespielt – auch wieder ein Spieler für die Offensive, der wichtig ist und nicht dabei ist.“
Vor allem die letzte Konsequenz vor dem gegnerischen Tor fehle laut Veh aktuell komplett. „Mir fehlt insgesamt auch was Zwingendes. Sie spielen ganz nett, aber in Augsburg hätte man die Tore abbauen können, weil es da nicht viele Torschüsse gab. Die letzte Konsequenz ist dann einfach nicht da. Von daher haben sie keine einfache Zeit. Ich seh es nicht als leicht an, da raus zu kommen“, so die düstere Bilanz des 60-Jährigen.
Matthäus: „Gladbach spielt ohne Intensität“
Laut Lothar Matthäus, ebenfalls lange Zeit (1979 bis 1984) als Spieler in Diensten der Gladbacher Borussia, kann die Verletzten-Lage bei den Fohlen zumindest als Mit-Grund für die derzeitige sportliche Misere angesehen werden, da Hütter so zu Beginn gleich wichtige Spieler fehlen, die in seinen Plänen zum Grundgerüst gehörten.
Ebenfalls das Fehlen von Torchancen sieht der 60-jährige Ex-Borusse als Problem an. Matthäus: „Sie spielen ohne Intensivität. Sie spielen schön aber nicht zwingend nach vorn mit dem Ball. Der letzte Wille und die letzte Geilheit fehlen mir bei Mönchengladbach im Moment.“
Laut Matthäus tut die Fohlenelf gut daran, in den kommenden Spielen wieder auf einen grünen Zweig zu kommen. Denn: „Noch mehr Unruhe und noch mehr Kritik am neuen Trainer – das kann Mönchengladbach nicht gebrauchen“, so Matthäus.
Alle drei Experten sind sich allerdings dahingehend einig, dass der einzige Weg des VfL nun über Geschlossenheit und Leidenschaft führt, mit deren Hilfe man sich die Sicherheit zurückholen müsse.
An Trainer Adi Hütter (51), der den schlechtesten Saison-Start eines Gladbach-Trainers seit 17 Jahren hinlegte, liege es laut Magath, Veh und Matthäus allerdings nicht. Ihm trauen alle zu, das Ruder wieder rumzureißen. „Er hat ja auch zu Beginn seiner Zeit in Frankfurt Schwierigkeiten gehabt und hat dann nach ein paar Wochen die Kurve gekriegt. Insofern glaube ich, wird er ein bisschen Zeit brauchen, aber im Laufe der Zeit die Kurve bekommen“, merkte beispielsweise Veh an.
Gladbach-Krise hat schon vor einem halben Jahr angefangen
Magath stimmte dem zu. „Diese schlechte Phase hat ja schon in der alten Saison vor einem halben Jahr begonnen. Deswegen wäre mir das zu kurz, jetzt über den Trainer zu reden, da ist etwas anderes im Busch.“ Wo genau die Probleme im Team liegen, könne er jedoch nicht beurteilen.
Trotzdem sieht Magath aber auch Hütter und die Klub-Verantwortlichen in der Pflicht. Denn: Nur auf Ballbesitz-Fußball zu setzen, sei in der derzeitigen Lage nicht die richtige Entscheidung, da sind sich alle drei einig.: „Man muss auch mal seine Philosophie hinterfragen. Wenn es nicht läuft, muss man eben auch mal aufs Kämpferische umschalten. Mehr Leidenschaft an den Tag legen, um wieder zu alter Stärke zu finden“, sagte er.