Diskriminierungs-Debatte nach Strafe gegen Gladbach-Coach Bundesliga-Frauen watschen DFB schriftlich ab
Mönchengladbach - Die Bundesliga- und Zweitliga-Fußballerinnen haben mit Bezug auf Gladbachs U23-Fußballtrainer Heiko Vogel (45) einen offenen Brief an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) geschickt.
- Ein Sportgerichts-Urteil gegen Borussias U23-Trainer Heiko Vogel schlägt immer höhere Wellen
- Bundesliga-Spielerinnen schreiben offenen Brief an den Deutschen Fußball-Bund, in dem es unter anderem heißt, dass das Urteil diskriminierend sei
- Westdeutscher Fußballverband kündigt Überprüfung des Urteils gegen Heiko Vogel an
Diesen veröffentlichte am Samstagmorgen (20. März 2021) unter anderen Alexandra Popp (VfL Wolfsburg) als Spielführerin der Frauen-Nationalmannschaft. Hintergrund: Vogel hatte vom Westdeutschen Fußballverband (WDFV) eine Sperre nach einem sogenannten „Vorfall“ vom 30. Januar 2021 bekommen.
Gladbach: „Fall Vogel“ sorgt bundesweit für Schlagzeilen
Er soll sich seinerzeit bei Gladbachs Regionalliga-West-Duell mit Bergisch Gladbach (30. Januar) gegenüber Schiedsrichter Marcel Benkhoff samt dessen Assistentinnen Vanessa Arlt und Nadine Westerhoff „unsportlich“ verhalten haben, heißt es in der Urteilsbegründung des Verbandes.
Das Urteil war am 9. März verkündet worden, der WDFV sperrte Vogel nicht nur, sondern legte dem ehemaligen Trainer von Bayern München II neben einer Geldstrafe zusätzlich die „Buße“ auf, bis zum 30. Juni sechs Trainingseinheiten einer Frauen- oder Mädchenmannschaft zu leiten (GladbachLIVE berichtete ausführlich und exklusiv).
In dem nun veröffentlichten Brief schreiben die Bundesliga-Spielerinnen: „Dieses Urteil diskriminiert alle Frauen im Sport und speziell im Fußball.“ Vogels Verhalten sei in den Augen der Spielerinnen „weit mehr als unsportlich, sondern beleidigend und diskriminierend“.
An den DFB gerichtet heißt es: „Wir fordern Sie auf, als höchste Institution des deutschen Fußballs, dazu Stellung zu beziehen und aktiv zu werden.“
Gladbach-Manager Max Eberl (47) hatte am Freitag (19. März) Berichte dementiert, wonach Vogel wegen seines unsportlichen Verhaltens gegenüber zwei Schiedsrichterassistentinnen die sechs Trainingseinheiten für Mädchen- und Frauen-Mannschaften des Fußball-Bundesligisten als Strafe erhalten habe.
Eberl: „Die Strafe waren zwei Spiele Sperre, eine Geldstrafe vom Verband plus eine Geldstrafe vom Verein on top. Was er gesagt hat, war ein Fehler, den wir missbilligen. Heiko hat dann im Zuge der Verhandlungen angeboten, Frauen und Mädchen zu trainieren, um seine Wertschätzung für den Frauenfußball auszudrücken. Insofern ist das keine Strafe, sondern ein Angebot.“
In einem offiziellen Schreiben des WDFV vom 19. März, welches unserer Redaktion vorliegt, heißt es aber: „(...) Der Beschuldigte wurde wegen eines unsportlichen Verhaltens bei dem Spiel unter anderem mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro und dem Innenraum-Verbot für zwei Meisterschaftsspiele der von ihm betreuten Regionalliga-Mannschaft belegt. Zudem wurde Fußball-Lehrer Heiko Vogel auferlegt, bis zum 30.6.2021 sechs Trainingseinheiten einer Frauen- oder Mädchenmannschaft seines Vereins bzw. seiner Tochtergesellschaft zu leiten.“
Der WDFV formuliert explizit „auferlegt“, in einem weiteren ergänzenden Satz heißt es „Anordnung dieser Auflage“ – was demnach einer Pflicht im Rahmen der Urteilsverkündung gleichkommt.
Die Fußballerinnen der ersten und zweiten Bundesligen schreiben in ihrem offenen Brief an den DFB: „Wir alle fühlen uns beleidigt, diskriminiert und lächerlich gemacht“.
Und weiter: „Uns stellt sich die Frage, wie das Trainieren eines Frauen- oder Mädchenteams als eine Strafe festgelegt werden kann. Trainieren für einen Fußballtrainer*in ist niemals eine Strafe, sondern eine Berufung, unabhängig vom Geschlecht der Spieler*innen.“
Es sei ebenso wenig eine Wertschätzung, wenn man zum Ausgleich für ein „solches unsportliches Verhalten“ anbiete, für ein paar Stunden ein Frauenteam zu trainieren. „Dieses Urteil diskriminiert alle Frauen im Sport und speziell im Fußball.“
Außerdem wird in dem Brief kritisiert, dass das Verhalten von Vogel als unsportlich gewertet wurde.
So habe Vanessa Arlt, Schiedsrichterassistentin des besagten Spiels, gegenüber den „Westfälischen Nachrichten“ angegeben, dass Heiko Vogel angeblich gesagt haben soll „Frauen haben auf dem Fußballplatz einfach absolut nichts zu suchen“.
Das sei „weit mehr als unsportlich, sondern beleidigend und diskriminierend“. Der Brief wurde unter anderem von den Profi-Fußballerinnen Alexandra Popp, Nicole Anyomi, Laura Benkarth und Anna Blässe in den sozialen Medien geteilt. Popp schrieb dazu: „Wir befinden uns im Jahr 2021!!!“
Der WDFV hat inzwischen mitgeteilt, das „Sportgericht-Urteil zur Überprüfung an das WDFV-Verbandsgericht“ zu geben.
Diskriminierung? Verband lässt Urteil gegen Heiko Vogel überprüfen
In der entsprechenden Mitteilung heißt es: „Insbesondere soll durch das Verbandsgericht geprüft werden, ob im Zusammenhang mit dem Verhalten des Fußball-Lehrers Heiko Vogel beim Spiel der Herren-Regionalliga West Borussia Mönchengladbach U 23 – SV Bergisch Gladbach vom 30.01.2021 der Tatbestand der Diskriminierung gegeben ist. Während des Spiels, das unter der Leitung von Schiedsrichter Marcel Benkhoff und den Assistentinnen Vanessa Arlt und Nadine Westerhoff ausgetragen wurde, hatte sich Vogel in ausfälliger Weise in Richtung der Referees geäußert.“
Gundolf Walaschewski, Vizepräsident des Westdeutschen Fußballverbandes, sagt: „Diskriminierung hat weder im Fußball noch in der Gesellschaft Platz. Dazu bekennt sich auch der WDFV und mit ihm die Fußballfamilie in Nordrhein-Westfalen ausdrücklich. Das bedeutet konkret: Null Toleranz gegen sexuelle Diskriminierung und null Toleranz gegen Diskriminierung generell. Zudem ist es unsere Pflicht, dass wir uns schützend vor unsere Schiedsrichter*innen stellen. Deshalb ist es dem Präsidium wichtig, dass das Geschehen rund um das betreffende Spiel und die Äußerungen des Fußball-Lehrers Heiko Vogel lückenlos aufgearbeitet und geprüft werden.“