Lienen stärkt Gladbach-Coach trotz Hinrunden-Pleite den Rücken „Gibt Dinge im Fußball, die kann man nicht erklären“
Borussia Mönchengladbach hat am 17. Bundesliga-Spieltag ein 1:1 bei der TSG Hoffenheim geholt. Ein Fortschritt angesichts der vergangenen vier Bundesliga-Spiele, die das Team allesamt verlor. Eine Enttäuschung im Hinblick auf den gesamten Saisonverlauf. Kein Wunder also, dass die Fußballfachleute derzeit darüber rätseln, was genau bei der Elf vom Niederrhein los ist. So geschehen auch am Sonntag (19. Dezember 2021) in der TV-Talkrunde „Sky90“, die die Krise der Gladbacher thematisierte. Mit dabei: Ex-Gladbacher Ewald Lienen (68), der VfL-Trainer Adi Hütter (51) öffentlich den Rücken stärkte und das Problem vor allem in der Verletzungsmisere der Borussen sieht.
1:1 in Hoffenheim schließt enttäuschende Hinrunde für Gladbach ab
Gladbachs Mittelfeldspieler Christoph Kramer (30) hatte nach dem Match bei der TSG am Samstag (18. Dezember) deutliche Worte für die Leistung seines Teams gefunden. „Hätten wir in den letzten Wochen nicht so viel berechtigte Kritik abbekommen, dann würde ich hier stehen und sagen: Was wir hier für eine Scheiße gespielt haben, so schlecht waren wir noch nie. Wir haben jeden Ball nach vorne gebolzt, das war natürlich nicht gut. Das Unentschieden ist aus unserer Sicht schmeichelhaft“, so der Gladbach-Spieler.
Darauf in der Sendung „Sky90“ angesprochen brachte Ewald Lienen, von 1977 bis 1981 sowie 1983 bis 1987 selbst Spieler und 2003 sogar Trainer der Fohlenelf, durchaus Verständnis für die von vielen als hart aufgepassten Aussagen des Weltmeisters von 2014 auf.
„Ja, aber ich habe es auch ein bisschen anders verstanden als es jetzt interpretiert wurde“, betonte Lienen. „Adi Hütter ist dann konfrontiert worden von euch, Kramer hätte gesagt: ‚Das war totale Scheiße, was wir da gespielt haben‘. Er hat aber gesagt: ‚Wenn wir vorher gewonnen hätten, dann wäre das etwas anderes.‘ Wenn ich viermal verliere und trete dann so auf, in der personellen Situation, die sie haben, dann ist das anders zu bewerten. Aber er ist ein Mann der klaren Worte und ich fand's gut, wie er gestern gespielt hat.“
Die dramatische Entwicklung mit vier Niederlagen in Folge und dem Abrutschen in die unteren Tabellenregionen führt Lienen vor allem auf die fehlenden Konstanz der Spieler, geschuldet durch die zahlreichen Verletzungen und Ausfälle, zurück.
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„Sie haben über die gesamte Saison gesehen niemals eine Formation finden können, durch Verletzungen – warum auch immer. Sodass sie nie total eingespielt waren“, sagt Lienen.
Dass das sicherlich nicht der einzige Grund für die sportliche Misere sei, ist Lienen klar. Dennoch fügt er an: „Naja, Mönchengladbach ist auch eine Mannschaft, die Fußball spielt. Die richtig gut den Ball laufen lässt und darauf angewiesen ist, Tore zu erzielen. Sie haben in dieser Saison 22 Tore erzielt. Und davon hat Hofmann sieben erzielt. Thuram hat nicht ein einziges Tor gemacht, Plea hat auch nur drei erzielt und Embolo auch nur zwei Tore.“
Lienen fährt fort: „Und Embolo hat lange gefehlt, Thuram hat ewig gefehlt. Er war gestern zwar wieder dabei, aber man hat einfach gemerkt, dass er einfach nicht fit ist. Das ist einfach so. Wenn ich dauernd raus bin, krieg ich nicht diesen Rhythmus rein. Und Gladbach ist eine Mannschaft gewesen, die mit Thuram, Plea, Embolo, Hofmann und Stindl immer torgefährlich war. Jetzt haben sie weniger Torchancen und erzielen auch viel weniger Treffer. Diese Fluktuation spielt schon eine sehr große Rolle. Natürlich reicht das nicht immer als Erklärung aus, aber wenn ich sehe, wie viele Spieler immer wieder bei ihnen gefehlt haben, dann ist das auch eine Frage der Breite, zu sagen: ‚Jetzt können wir die spiele weiter gewinnen‘.“
Gladbach müsse die spielerische Überlegenheit, die man in der Vergangenheit oft gehabt habe, eben auch in Tore ummünzen, so Lienen. Das hätte man in dieser Saison zu selten hinbekommen.
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Dennoch: Die Bilanz der Borussen seit Bekanntgabe des Rose-Abschieds lässt aufhorchen. Lediglich 35 Punkte haben die Fohlen in den vergangenen 30 Spielen laut „Sky“-Moderator Patrick Wasserziehr (55) geholt. „Die Bilanz eines Abstiegskandidaten“, wie der 55-Jährige befand.
Deshalb aber gleich Adi Hütter als Trainer des VfL in Frage zu stellen, findet Lienen falsch. Vielmehr müsse man auch berücksichtigen, dass ein neuer Trainer mit neuer Philosophie Zeit brauche, um diese im Klub zu installieren. Aufgrund des engen Terminplans im Sommer und der Verletzungssorgen habe das bislang aber noch nicht so gut funktioniert wie gewünscht.
„Direkt einen Trainer in Frage zu stellen, der neu da ist...Es hat einige Trainerwechsel gegeben und das sieht man auch international: Wenn ein Trainerwechsel stattfindet mit teilweise auch einer anderen Philosophie und einer anderen Herangehensweise, braucht das auch immer eine Zeit lang, bis sich das findet. Und das sehen wir ja jetzt. Wolfsburg hat Probleme, Leipzig hat auch Probleme, Mönchengladbach und Dortmund ebenfalls. Wenn ich dann noch das Pech habe, dass der eine oder andere nicht dabei ist. Die entscheidenden Leute, die die Tore erzielen haben entweder gar nicht gespielt oder nur wenig gespielt“, erklärt Lienen.
Statt den Trainer anzuzählen, müsse man ihm vielmehr den Rücken stärken, da er der wichtigste Mann im Verein sei, so Lienen. „Aber du musst natürlich auch Leute zur Verfügung haben, die ein Spiel veredeln“, betont der 68-Jährige.
Ex-Borusse Ewald Lienen: „Es gibt Dinge im Fußball, die kann man nicht erklären“
Wie aber könne es sein, dass Borussia auf der einen Seite 5:0 im DFB-Pokal gegen Bayern München gewinne, dann aber in der Liga 0:6 gegen den SC Freiburg verliere? Auch hier sieht Lienen die Hauptschuld nicht bei Hütter. Vielmehr gäbe es im Fußball eben oft Dinge, die man nicht erklären könne, so der Ex-Gladbacher.
Lienen: „Es gibt Dinge im Fußball, die kann man nicht erklären. Mönchengladbach hat nach zwölf Spieltagen 14 Gegentore gehabt. Davon hatten sie fünf schon nach zwei Spielen. Das heißt sie haben danach lange Zeit kaum Gegentore bekommen. Dann haben sie plötzlich in drei Spielen wieder 14 Gegentore bekommen. Ich will damit nur sagen: Bestimmte Dinge kann man nicht erklären. Da kannst du nicht sagen: ‚So jetzt ist alles falsch‘. Es ist nicht alles erklärbar.“