GladbachLIVE-Interview DAZN-Reporter Alex Schlüter: „Da kommt einiges auf Borussia zu“
Mönchengladbach - Der Streamingdienst DAZN ist aus der Sport-Welt nicht mehr wegzudenken. Seit der Spielzeit 2018/19 werden dort zahlreiche Spiele der Fußball-Bundesliga sowie Partien in der UEFA Champions League und der UEFA Europa League übertragen. In diesem Zusammenhang wird DAZN auch in der nächsten Zeit sechs Spiele der Fohlen zeigen. An der Seitenlinie immer mit dabei: Moderator Alexander Schlüter (35), der bereits dem kommenden Duell mit dem VfL Wolfsburg entgegen fiebert. Wie er die Siegchancen der Gladbacher in diesem Duell bewertet und auf welches Champions-League-Duell er sich besonders freut, hat er unserer Redaktion im Interview verraten.
Herr Schlüter, Sie sind in Bahrdorf in der Nähe von Wolfsburg aufgewachsen und sympathisieren daher mit dem VfL Wolfsburg. Auch am Samstag, wenn es gegen Borussia geht?
Nein, natürlich nicht. Mich als echten Fan des VfL Wolfsburg zu bezeichnen, wäre falsch. Die Sympathie rührt daher, dass ich dort in der Nähe aufgewachsen bin, dort im Stadion war und es dem VfL daher ein wenig zu verdanken habe, dass ich Fußball-Fan geworden bin und eine Leidenschaft für diesen Sport entwickelt habe. Dafür bin ich natürlich sehr dankbar. Wenn es um die Berichterstattung geht, ist man aber sehr geübt in Neutralität. Ich finde, das fällt bei dem Job als Reporter gar nicht so schwer. Wenn man Interviews führt und so nah am Geschehen dran ist, begeistert man sich ja für die Sache und die Akteure im Allgemeinen. Ich bin mit Leidenschaft dabei, egal, ob nun ein Coach Glasner oder ein Coach Rose neben mir steht. Ich mache meinen Job, so kritisch wie er sein muss und so leidenschaftlich wie er sein sollte.
Für welchen Fußballverein schlägt Ihr Herz denn privat?
In der Bundesliga für keinen. Obwohl Fußball eigentlich schon immer die ganz große Sportart für mich war. Ich war früher großer Fan vom FC Arsenal und hab mir in jungen Jahren auch den Traum erfüllt, rüber zu fliegen, um dort im Stadion zu sein und die Spiele zu erleben. Das konnte ich dann später beruflich sogar noch ein bisschen häufiger machen. Ich muss aber zugeben, dass auch dort das „Fan-sein“ nachgelassen hat. Ich fürchte, dass kommt jetzt auch nicht mehr. Also, so wirklich Fan eines einzelnen Vereins bin ich nicht. Ich bin Fan vom Fußball im Allgemeinen.
Sehen Sie hier die komplette Pressekonferenz der Fohlen vor der Partie gegen den VfL Wolfsburg:
Wie sieht es denn mit Ihrer Sympathie für Borussia aus?
In einem Wettbewerb wie der Champions League fiebere ich natürlich mit Borussia mit. Wir haben das Team bei DAZN zum Teil auch schon in der Europa League in der vergangenen Saison begleitet, wodurch wir die Jungs natürlich auch kennengelernt haben. Mit Marco Rose stand ich zum Beispiel in Rom unter einem viel zu kleinen Regenschirm, als es geschüttet hat ohne Ende. Er hat uns dennoch in seiner ruhigen Art nach dem Spiel noch Rede und Antwort gestanden. So etwas vergisst man nicht. Zudem finde ich das ganze Projekt mit Max Eberl und Marco Rose an der Seitenlinie und dem Team, das als geschlossene Einheit auf dem Platz steht, wirklich spannend. Ich freue mich immer, Spiele von Gladbach zu sehen, weil immer Spannung und viel Tempo dabei sind. Das kann man sich alles sehr gut anschauen, was ja auch für das neutrale Auge sehr angenehm ist.
Wie schätzen Sie die Kräfteverhältnisse der beiden Teams ein?
Es ist im weitesten Sinne ein Duell auf Augenhöhe. Für Gladbach wird es definitiv eine sehr interessante Aufgabe. Wolfsburg hat in der vergangenen Saison, aber auch in den bisherigen Partien, enorm diszipliniert gespielt und noch nicht verloren – auch wenn sie teilweise noch ein wenig glücklos agiert haben. Wolfsburg ist immer mit sehr viel Tempo hinter den Ball gekommen. Daher denke ich, dass Gladbach das, was sie gegen Köln so gut gemacht haben, nämlich mit vielen schnellen Pässen hinter die Kette zu kommen, gegen Wolfsburg deutlich schwerer fallen wird. Ich bin sehr gespannt, ob Gladbach da einen Plan B findet, oder, ob es Wolfsburg gelingt mit Disziplin und etwas mehr Abschlussglück das Spiel für sich zu entscheiden.
Auf welche Spieler des VfL Wolfsburg muss Borussia Ihrer Meinung nach am Samstag besonders aufpassen?
Die Mannschaft spielt zwar nicht mit einem großen Star, aber Wolfsburg hat schon einige gute Leute. Sie haben eine sehr gute Mannschaft, die gut gecoacht ist. Da kommt einiges auf Gladbach zu – beispielsweise eine enorme Kopfballstärke. Mit Wout Weghorst im Sturm und Anthony Brooks in der Abwehr hat der VfL zwei Spieler, die dem Gegner vor allem bei Standardsituationen enorm Sorgen bereiten können. Da muss Borussia auf jeden Fall aufpassen. Xaver Schlager verkörpert zudem die Aggressivität im Spiel gegen den Ball sehr gut, was Gladbach sicherlich auch herausfordern wird.
In der Europa League war Gladbach im vergangenen Jahr ja schon häufig bei DAZN zu sehen, wie haben Sie Ihre bisherigen Aufenthalte im Borussia-Park empfunden?
Es ist dort immer schön und sehr angenehm im Borussia-Park. Die Partien, die ich bisher dort erlebt habe, waren auch immer extrem stimmungsvoll. Allerdings habe ich dort bisher noch kein Geisterspiel erlebt. Daher muss man im Moment natürlich auch abwarten, wie sich die Situation entwickelt und ob dort auch nur annähernd Stimmung aufkommen kann. Aber das gilt ja momentan für alle Klubs.
In diesem Jahr werden auch die Champions-League-Partien etwas anders ablaufen als in den vorherigen Jahren. Es werden keine Gästefans dabei sein, je nach Lage wird eventuell auch vor komplett leeren Rängen gespielt…
Ich bin froh, wenn überhaupt Fans im Stadion sein dürfen. Wenn es die Heimfans sind, macht das schon einen großen Unterschied im Vergleich zu den Geisterspielen. Aber wenn ich das aus Sicht eines Borussia-Fans sehe, der normalerweise jetzt schon Tickets nach Mailand, Madrid oder Donezk gebucht hätte, nun aber mindestens auf die Hälfte der Spiele als Zuschauer im Stadion verzichten muss, tut das schon weh. Natürlich werden wir von DAZN uns Mühe geben, dass man das ganze vor dem TV zumindest intensiv verfolgen kann, aber ich kann jeden Gladbach-Fan verstehen, wenn er sich ärgert, dass er bei diesen tollen Spielen nicht live dabei sein kann. Gerade wenn ich an das Europa-League-Match in Rom denke, als die Fans im strömenden Regen Borussias Sieg gefeiert haben und völlig in Ektase geraten sind, ist es besonders schade, dass es sowas diesmal nicht geben wird. Denn: Man konnte die Verbindung von Fans und Spielern in diesem Moment sehr intensiv spüren.
„Madrid und Mailand hinter sich zu lassen, wird eine Riesen-Aufgabe“
Mit Real Madrid, Inter Mailand und Schachtar Donezk hat Borussia eine schwere Gruppe erwischt, wie schätzen Sie die Chancen der Fohlenelf im Wettbewerb ein?
Borussia hat meiner Meinung nach Außenseiterchancen. Die Gruppe ist ein absolutes Brett. Man sollte den Anspruch haben vor Donezk zu bleiben, auch, wenn man bei dem engen Spielplan vor allem die lange Anreise dorthin nicht unterschätzen sollte. Aber gerade Madrid und Mailand hinter sich zu lassen, wird eine Riesen-Aufgabe. Ich würde sowohl Inter als auch Real in diesem Jahr zutrauen, bis ins Champions-League-Finale zu kommen. Da hat Gladbach zwei Mannschaften in der Gruppe, die im direkten Vergleich mit ihnen die Besseren sind. Aber: In dieser besonderen Saison gibt es immer die Hoffnung darauf, einen guten Tag zu erwischen und auch dort Punkte zu holen.
Auf welches Gruppen-Spiel freuen Sie persönlich am meisten?
Auf das Spiel in Mailand freue ich mich wirklich sehr. Der sowieso schon gute Kader von Inter wurde zur neuen Saison nochmal exzellent verstärkt und für mich ist das ein Team, das es sehr weit schaffen kann. Das wird dann gleich die erste große Prüfung für Borussia und ich bin gespannt, ob sie die bestehen werden.
Gibt es Ihrer Meinung nach einen Schlüsselspieler bei Borussia, auf dessen Leistung es in der Königsklasse besonders ankommen wird?
Ich bin großer Fan von Lars Stindl. Das ist meiner Meinung nach jemand, der Dinge anders macht, Genialität mit ins Spiel bringt und für das Offensivspiel der Gladbacher besonders wichtig ist. Er kann gradlinig spielen, hat dazu aber noch diese Finesse, die die Offensive durch ihn besonders werden lässt. Ich denke außerdem, dass es im Mittelfeld wichtig sein wird, dass Denis Zakaria zurückkommt, da er gerade in Champions-League-Spielen ein absolut gefragter Mann werden könnte. Und hinten fand ich Matthias Ginter bislang phantastisch. Allein, was er für Bälle gegen Köln gespielt hat, das war absolut beeindruckend.
Bei der Übertragung der Champions-League-Spiele für DAZN werden Sie viel im Ausland unterwegs sein. Haben Sie aufgrund der derzeitigen Lage rund um das Corona-Virus keine Angst?
Definitiv ist da ein mulmiges Gefühl dabei. Wir sind auch angehalten, absolut diszipliniert vorzugehen. Die Regeleinhaltung, die von den Mannschaften verlangt wird, gilt natürlich auch für uns. Es funktioniert nur, wenn sich alle an die Regeln halten. Bei DAZN haben wir zudem auch beschlossen, dass wir derzeit nicht in ausländische Risikogebiete reisen wollen. Das heißt, wir schicken dorthin keine vollständige Crew, sondern maximal einen Field-Reporter. Die Spiele übertragen wir dann aus unserer Zentrale in Ismaning. Das ist zwar schade, da es so natürlich sein kann, dass man bei phantastischen Spielen nicht vor Ort ist, aber der klare Menschenverstand verbietet es einem derzeit eben. Die Freude darüber, dass überhaupt Fußballspiele stattfinden können, überwiegt bei mir dennoch. Das sollte man positiv sehen.