49 Jahre nach dem Büchsen-Wurf vom Bökelberg Das ist aus der Boninsegna-Dose geworden
Mönchengladbach - Sie ist erneut in aller Munde. Die Boninsegna-Dose. Sie ist der Hintergrund dafür, dass Chaoten am Dienstag, vor Borussias Champions-League-Duell gegen Inter Mailand (21 Uhr), eine Böller-und Dosen-Attacke auf das Mannschafts-Hotel des italienischen Top-Klubs in Mönchengladbach verübt haben. Die Ermittlungen der Polizei laufen.
2012 kam die Dose zurück zum VfL
1971 hatte Gladbach das große Inter im Landesmeisterpokal beim 7:1 auf dem Bökelberg schwindelig gespielt. Die Gala taucht aber in keiner offiziellen Statistik mehr auf, weil der Sieg nach dem berühmten Büchsenwurf auf Inters Roberto Boninsegna (77) von der UEFA nicht gewertet wurde. Gladbachs Spieler warfen dem damaligem Star-Stürmer Schauspielerei vor. Durch das 2:4 in Mailand und dem 0:0 im Wiederholungsspiel in Berlin am 1. Dezember 1971 schied Gladbach aus.
Und was ist eigentlich im Anschluss aus der Original-Cola-Büchse von 1971 geworden? Die Boninsegna-Dose befindet sich seit Juni 2012 wieder in Besitz der Gladbacher Borussia. Der GladbachLIVE-Reporter hatte vor über acht Jahren auf Einladung der Borussia dabei sein können, als die „Reliquie“ einer VfL-Delegation im niederländischen Arnheim übergeben wurde.
Der niederländische Schiedsrichter der Europapokal-Schlacht zwischen Borussia und Inter aus 1971, Jef Dorpmans, hatte die Dose nach der Partie sichergestellt, sie mit in seine Heimat genommen und diese später an seinen Klub, Vitesse Arnheim, übergeben. Vitesse wiederum schenkte dann 2012 der Borussia das geschichtsträchtige Erinnerungsstück.
Schon damals waren der leeren Boninsegna-Dose die Jahre kaum anzusehen. Weder der Lack war ab, noch hatte sie Rost angesetzt. Der Schriftzug des Herstellers war deutlich erkennbar. 0,35 Liter dunkler Zucker-Brause haben mal reingepasst. Nur zwei, drei Dellen hatte das Blechding schon abbekommen.
Borussia-Legende Wolfgang Kleff, teil der VfL-Delegation, sagte dem GladbachLIVE-Reporter damals erstaunt. „Sieht eigentlich aus wie ‘ne ganz normale Cola-Dose. Irre, nach all’ den Jahren."
Der 74-Jährige hat den Büchsenwurf vom Bökelberg auf dem Spielfeld miterlebt. Er stand an jenem 20. Oktober 1971 beim sensationellen 7:1 gegen Inter Mailand im Tor der Gladbacher Borussia. Hatte Kleff das Dosen-Unheil damals kommen sehen?
„Wenn ich sagen würde, ich hätte es gesehen, würde ich lügen. Ich habe mich auf den Ball konzentriert. Nicht auf fliegende Büchsen. Zeugen, die das damals gesehen haben, sagen, die Dose habe ihn nicht getroffen.“
Kleff hatte 2012 ganz interessante Dinge rund um den „Dosen-Gate“ ausgesprochen: „Es wurde im Spielberichtsbogen eingetragen ’Protest gegen Wertung des Spiels aufgrund von Vorfall mit Boninsegna’. Da schwante uns schon Unheil. Zu der damaligen Zeit wurde die UEFA von den Italienern bestimmt. Das ganze Gremium, das auf Wiederholungsspiel entschieden hat, war in italienischer Hand. Und dass die wohlwollend zu Gunsten von Inter entscheiden würden, war uns klar. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht so die internationale Reputation. Schiedsrichter Jef Dorpmans ist ja auch gar nicht angehört worden. Er hatte keine Verletzung bei Boninsegna festgestellt. Fernsehbilder gab es auch keine.“
Kleff verrät Details vom Büchsenwurf
Die Boninsegna-Dose – sie ist ein Stück Gladbacher Fußballgeschichte. Sie ist Teil des „Mythos Borussia“ geworden. Heute ist sie ein Austellungsstück im Borussia-Museum, der interaktiven „FohlenWelt“ im Neubau „8 Grad“, gleich gegenüber der Geschäftsstelle an der Hennes-Weisweiler-Allee. Dort wird an die Boninsegna-Dose erinnert, aber neben allen Titeln, Stars und Triumphen auch an weitere Tragödien rund um den VfL Borussia.
Kleff sagte dem GladbachLIVE-Reporter: „Rückblickend gesehen, hatten wir auf internationaler Ebene schon einiges Pech. Ich erinnere nur an den grandiosen Auftritt von uns 1976 bei Real Madrid. Da hat uns der Schiedsrichter zwei reguläre Tore nicht anerkannt und wir sind nach einem 2:2 ausgeschieden. Das gehört auch zu Borussia, dass auf dem Weg zu ganz großen Erfolgen einmal eine Büchse und einmal ein Schiedsrichter im Weg waren. Dass wir so unglücklich ausgeschieden sind – vielleicht hat gerade das die Borussia für viele so sympathisch gemacht.“