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Von Achim Müller

Trotz Corona im Einsatz Die Fitmacher aus dem Borussia-Park und der Bundesliga-Restart

Carsten Leicher steht auf einem Trainingsgerät mit dem Namen „Dimove“. Der 46-Jährige ist Leiter des Rehazentrums Medical Park Borussia Mönchengladbach.

Carsten Leicher steht auf einem Trainingsgerät mit dem Namen „Dimove“. Der 46-Jährige ist Leiter des Rehazentrums Medical Park Borussia Mönchengladbach. 

Mönchengladbach - Exklusiv-Termin im Borussia-Park. Die GladbachLIVE-Redaktion ist in Zeiten der Coronavirus-Pandemie im Neubau „8 Grad“ zu Besuch. Konkret: In dem Gebäude, wo die VfL-Profis, abgeschottet im Vier-Sterne-Hotel, aktuell für den Wiederbeginn der Bundesliga untergebracht sind, residiert auch der Medical Park. Heißt: In einem der modernsten Reha- und Fitness-Zentren Deutschlands haben wir uns für unsere Leser umgeschaut. Und den Leiter des Rehazentrums Medical Park Borussia Mönchengladbach, Carsten Leicher, zum exklusiven Interview getroffen. Der 46-jährige Physiotherapeut ist zweifacher Familienvater, lebt in Kempen am Niederrhein und pflegt nicht nur wegen seiner aktiven Zeit als Top-Handball-Torhüter beste Kontakte in den Profi-Sport.

Zur Stippvisite im Reha-Olymp

In Zeiten der Coronakrise – dürfen derzeit überhaupt Patienten in den Medical Park kommen?
Ja, dürfen sie. Alle Patienten, die auf medizinische Verordnung hin zu uns kommen, sprich ein entsprechendes Rezept vom Arzt vorlegen, haben einen Behandlungsauftrag. Diese Kunden dürfen und sollen gerne zu uns kommen. Sämtliche Selbstzahler-Kunden, die bei uns Fitness-Training, Präventions-Training oder Gesundheitserhaltungs-Training machen, dürfen inzwischen auch wieder kommen. Und zwar ab dem 18. Mai.

Wie schützen Sie Ihre Patienten und das eigene Behandlungsteam vor einer möglichen Infektion mit dem Coronavirus?
Wir haben ein Patientenmanagement-System entwickelt, was wir von Physio Deutschland, das ist der zentrale Verband der Krankengymnasten, um dem Robert-Koch-Institut angenommen haben. Dieses Management-System wurde von diesen beiden entwickelt. Basierend darauf entscheiden wir, welche Patienten kommen dürfen und welche besser zu Hause bleiben.

Wie gehen Sie dann weiter vor?
Die Patienten werden vorab gefragt, ob sie Symptome haben, ob sie in letzter Zeit Kontakt zu Covid-19-Patienten hatten, oder ob sie in einem Risikogebiet waren. Werden alle diese drei Fragen mit nein beantwortet, dürfen sie bei uns therapiert werden. Ansonsten wird der Termin aus Sicherheitsgründen verschoben. Sämtliche Mitarbeiter und Patienten innerhalb unserer Einrichtung tragen permanent einen CE-zertifizierten Mund-Nasen-Schutz. Unsere Auflagen sind streng. Bei Risikopatienten schauen wir ganz genau, in wie weit die Therapie wirklich dringend erforderlich ist. Solche Patienten behandeln wir ausschließlich nur in Schutzkleidung.

Große Trainingsfläche bietet Optionen

Wie sehen die Hygiene-Vorschriften aus?
Die sind in unserer Branche eh schon sehr streng. Wir beim Medical Park schauen, dass wir so keimfrei wie möglich sind. Die Hygiene-Maßnahmen bei uns sind sehr umfangreich. Wir haben Schutzhandschuhe, Mundschutz, Atemschutzmasken, Schutzkittel und -Brillen zur Verfügung. Automatische Desinfektionsmittel-Spender gleich an unserem Eingang und auf der Trainingsfläche mit entsprechenden Hinweisen.

Beste Trainingsbedingungen in Sachen Fitness und Reha, auch für die VfL-Profis, bietet der Medical Park in Gladbach.

Beste Trainingsbedingungen in Sachen Fitness und Reha, auch für die VfL-Profis, bietet der Medical Park in Gladbach.

Sieht so aus, als hätten Sie rechtzeitig vorgesorgt.
Ich habe zufällig gute Kontakte nach China, nach Wuhan. Und frühzeitig die Information bekommen, was für ein ernstes Ding da zu uns nach Europa hinüberschwappen könnte. Daher haben wir uns bereits im Januar frühzeitig mit entsprechenden Mitteln eingedeckt – bevor die ganze Pandemie bei uns so richtig ausgebrochen ist. Wir haben in Sachen Hygiene-Mittel keine Not und sind sehr gut ausgerüstet.

Strenge Hygiene-Bestimmungen

Kommen wir zum Thema Schutzabstand.
Wir haben 1.500 Quadratmeter Therapie- und Trainingsfläche. Das heißt, wir können uns hier sehr gut aus dem Weg gehen. Wir können im wahrsten Sinne des Wortes aus Abstand gehen und schauen, dass wir die eigentliche Therapie, die wir auf der Liege machen könnten, aktiv auf die Trainingsfläche verlagern. Krankengymnastik ist eine aktive Therapie, da lässt sich der empfohlene Mindestabstand relativ gut einhalten.

So einige Borussia-Profis haben im Medical Park bereits ihre Spuren hinterlassen. Auf diesem Foto bedanken sich (v.l.) Traoré, Stindl und Weltmeister Kramer für die Zusammenarbeit.

So einige Borussia-Profis haben im Medical Park bereits ihre Spuren hinterlassen. Auf diesem Foto bedanken sich (v.l.) Traoré, Stindl und Weltmeister Kramer für die Zusammenarbeit. 

Wie gehen Ihre Mitarbeiter mit der Situation um?
Da kann ich nur ein ganz großes Lob aussprechen. Sie sind sehr rücksichtsvoll, gehen ganz toll mit den Kunden um, sind umsichtig, schauen genau hin, wo etwas getan werden muss und setzen penibel unseren Hygieneplan um, wischen regelmäßig die Geräte und Türgriffe ab. Wir tun alles, was wir können. Kein Patient, kein Mitarbeiter ist infiziert. Ich hoffe, das bleibt so.

Coronakrise trifft auch Medical Park

Wie sehr hat die Coronakrise das Unternehmen wirtschaftlich bereits getroffen?
Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium hatte frühzeitig mitgeteilt, dass Physiotherapeuten systemrelevant sind, dadurch konnten wir rechtzeitig reagieren und aus aufstellen. Bedeutet, dass wir entsprechend mit den Krankenkassen, Ärzten und Patienten kommuniziert haben, dass wir hier weiter, unter den entsprechenden Voraussetzungen und Auflagen, therapieren können. Aber natürlich sind Einbußen da. Die Verordnungsmengen sind stark zurückgegangen. Das merken wir natürlich. Ich spreche hier natürlich nur vom Medical Park Borussia Mönchengladbach.

Was ist mit dem Thema Kurzarbeit?
Davon sind wir hier zum Glück noch ein gutes Stück entfernt. Natürlich bekomme ich in meinem Umfeld mit, dass es Kollegen gibt, denen es deutlich schlechter geht. Was ich erfahren habe, ist dass der durchschnittliche Verordnungsrückgang in Deutschland im Bereich von 50 bis 60 Prozent liegen soll. Das ist natürlich viel.

Corona trifft auch Medical Park

Wie sieht es beim Medical Park in Sachen Rückgang aus?
Der ist zum Glück nicht ganz so hoch, aber trotzdem immer noch sehr schmerzhaft.

Wie lange kann der Medical Park im Borussia-Park die momentane Ausnahmesituation noch durchstehen?
Wir können das hier am Standort auch nicht ewig überleben. Wir sind in der Lage, eine gewisse Durstrecke mal durchzustehen. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt müssen wir uns auch Gedanken machen und überlegen, ob wir Kurzarbeit anmelden oder größere Maßnahmen ergreifen müssen. Dieses Problem können wir nicht wegreden. Allerdings gehe ich davon aus, dass wir im Sommer wieder richtig zu tun haben werden.

Enge Zusammenarbeit mit Profis

Mit diesem Schild werden die Kunden und Patienten im Gladbacher Medical Park an der Rezeption empfangen.

Mit diesem Schild werden die Kunden und Patienten im Gladbacher Medical Park an der Rezeption empfangen.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Gladbacher Profis im Moment aus?
Wir tun alles, um helfen und unterstützen zu können. Als der völlige Lockdown war, haben wir beispielsweise unsere Spinning-Räder zur Verfügung gestellt, die den Profis dann nach Hause gebracht wurden.

Andere Vereine spionierten bereits

Ist der Borussia-Park der einzige Standort, an dem die Medical Park-Gruppe so eng mit einem Bundesligisten zusammenarbeitet? Sie sind ja direkt mit dem Gladbacher Stadion verbunden.
In der Art – ja! Wir haben viel mit Leistungssport zu tun, beispielsweise aus dem Wintersport an unseren oberbayrischen Standorten. Aber so direkt wie hier, diese Konstellation mit einem Fußball-Bundesligisten, die ist schon einzigartig bei Medical Park. Dass ein Fußballverein mit einer Reha-Einrichtung ein so geschlossenes System aufgebaut hat, das ist sicherlich selten und beispielhaft. Es gab auch schon Vereine, die hier waren und sich das alles mal angeschaut haben, da sie überlegen, ob sie nicht ein ähnliches Modell fahren.

So sieht das übrigens „von unten“ aus, wenn Übungen auf dem sogenannten „Dimove“ stattfinden. Dieses Fitness-Gerät wurde von einem ehemaligen Eishockey-Profi entwickelt.

So sieht das übrigens „von unten“ aus, wenn Übungen auf dem sogenannten „Dimove“ stattfinden. Dieses Fitness-Gerät wurde von einem ehemaligen Eishockey-Profi entwickelt.

Sie sprechen von einer speziellen Beziehung zwischen Medical Park und Borussia. Beschreiben Sie das doch bitte noch mal konkreter. Ist da mehr Vertrauen vorhanden, beispielsweise bei den Spielern, wenn diese zu Ihnen zur Behandlung kommen?
Gerade das Thema Vertrauen ist ganz entscheidend. Medizin ist Vertrauenssache. Vertrauen spielt eine ungemein wichtige Rolle. Wir leben davon, dass alle unsere Kunden uns vertrauen. Wir zeigen, dass wir die Profis eines so tollen Bundesligavereins wie Borussia Mönchengladbach fitmachen. Umgekehrt vertraut Borussia Mönchengladbach uns die eigenen Profis an. Das schafft wiederum Vertrauen aber auch eine Erwartungshaltung bei unseren ganz normalen Kunden. Beides versuchen wir so gut wie möglich zurückzugeben bzw. zu erfüllen.

Borussias eigenes Bundesliga-Stadion, das direkt mit einem der modernsten Reha-Zentren Deutschlands verbunden ist. Das gibt es hierzulande nicht an allzu vielen Standorten.

Borussias eigenes Bundesliga-Stadion, das direkt mit einem der modernsten Reha-Zentren Deutschlands verbunden ist. Das gibt es hierzulande nicht an allzu vielen Standorten.

Erfahrungen aus Spitzensport

Sie haben angesprochen, dass Medical Park im Hochleistungssport mit den unterschiedlichsten Spitzenathleten zusammenarbeitet. Von der Leichtathletik bis zum Wintersport. Profitieren davon auch die Fußball-Profis hier am Niederrhein?
Natürlich! Wir haben schon den Anspruch, von uns behaupten zu können, immer auf dem neuesten Stand zu sein, was trainingswissenschaftliche Methoden und Ausstattung anbelangt. Umgekehrt sind auch die Gerätehersteller daran interessiert, mit uns zusammen zu arbeiten, da wir in der höchsten Liga in Sachen Rehabilitation arbeiten und spielen.

Würden Sie sagen, dass im Borussia-Park eines der modernsten Reha-Zentren im Westen Deutschlands errichtet worden ist?
Ja!

Noch keinen Kontakt mit Meichelbeck

Sie hatten bislang bei Borussia eng mit Doktor Andreas Schlumberger als Schnittstelle zu den Profis zusammengearbeitet. Dieser ist zu Schalke 04 als Leiter Fitness und Prävention gewechselt. Bei Borussia wird der ehemalige Fußballprofi Martin Meichelbeck ab der neuen Saison Leiter Medizin und Prävention. Gab es schon Kontakt?
Nein!

Es kommen aber nicht nur überwiegend Fußball-Profis der Borussia zu Ihnen.
Richtig. Wir sind für alle Patienten offen. Wir haben auch Patienten aus dem Nachwuchs- oder Frauenbereich der Borussia. Wir sind natürlich auch für alle Freizeitsportler da. Es kommen auch ganz normale Alltagspatienten, ob sie sich im Beruf oder beim Hobby verletzt haben.

Steigende Verletzungen nach Restart? 

Im Moment haben Sie, bis auf Denis Zakaria, der sich einem Eingriff am Knie unterziehen musste, keinen Profi-Patienten in Sicht.
Ja, ich bin aber mal gespannt, was passiert, wenn die Systeme wieder hochgefahren werden. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es mit Start der Geisterspiele einige Verletzte in der Bundesliga geben kann.

Warum?
Weil das fast nicht trainierbar ist, nach so einer Pause so schnell wieder professionell spielen zu können. Diese ganze Dynamik, Zweikämpfe, Elf-gegen-Elf, das ist nur trainierbar, wenn alle wieder an Bord sind – und nicht in Kleingruppen oder im Einzeltraining. Das braucht vier bis fünf Wochen.

Profis stehen vor Herausforderung

Vor dem Restart der Bundesliga haben die Profis allerdings nicht so viel Zeit.
Deshalb kann es aus meiner Sicht sein, dass es Verletzte geben wird. Ich wünsche und hoffe es aber natürlich nicht. Ich bin mir auch sicher, dass der Zustand der Borussia-Spieler sehr gut ist. Unser hervorragendes Team hat sie so fit gehalten wie möglich. Die Situation auf dem Platz, dieses reaktionsspezifische Agieren und Reagieren, auch diese Spannung im Kopf, die letztendlich auch auf den Körper übertragen wird, das können wir nicht so einfach simulieren. Wir stehen diesbezüglich, mit dem Neustart der Bundesliga, vor neuen Erfahrungen. Es ist schwierig, die körperlichen Systeme nach einem Runterfahren so schnell wieder hochzuziehen. Natürlich sind die Spieler alle konditionell fit. Das ist nicht Problem.

Sondern?
Das Bindegewebe so schnell wieder auf diese Elastizität, Spannung und Reflexivität zu bringen, das stellt eine Herausforderung dar.