Ein Tor als Gesamtkunstwerk Borussias Rose-Blaupause
Mönchengladbach - Den Begriff „Rose-Fußball“ hört der Mann, der ihm seinen Namen leiht, überhaupt nicht gerne. Doch in Leipzig war eine Halbzeit lang nahezu in Perfektion zu sehen, was Gladbachs Trainer Marco Rose (43) sich von seiner Mannschaft erhofft.
„Wir hatten uns vorgenommen, mal wieder ein Auswärtsspiel zu machen, in dem wir in allen Bereichen zeigen, was wir drauf haben“, sagte Rose nach dem 2:2, bei dem jeder Beobachter – ob neutral, Fohlen- oder Bullen-Freund – voll auf seine Kosten gekommen war. „Gladbach war nicht nur im Attackieren, sondern auch fußballerisch sehr gut“, lobte Leipzig-Coach Julian Nagelsmann (32).
Von Yann Sommer zu Alassane Plea in 40 Sekunden
RB wurde beim Stand von 0:2 mit einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert in die Pause geschickt. Leipzig war in vielen Bereichen nicht gut, Borussia in den allermeisten aber einfach herausragend. „Häufig wird vergessen, dass auch ein Gegner dabei ist“, sagte Nagelsmann, dessen Team die Tabellenführung an den FC Bayern verlor und in der Rückrunde in allen drei Spielen in Rückstand geraten ist.
Besonders den Angriff, der zum 1:0 führte, könnte Rose seinen Fohlen als Motiv auf ihre Frühstücksbrettchen drucken. Von Yann Sommer (31) bis Alassane Plea (26) dauerte es 40 Sekunden und 14 Zuspiele, bis der Ball im Tor einschlug. Und trotzdem der lanfe Stafette durften sich die Leipziger in jener 24. Minute regelrecht ausgekontert fühlen.
Marcus Thuram, Jonas Hofmann und Oscar Wendt kombinieren im Strafraum
Bis auf Christoph Kramer (28) war jeder Borusse mindestens einmal am Ball. Zuerst ließ sich Florian Neuhaus (22) tief fallen, um den Ball vom Torwart zu erhalten. Es folgte ein ruhiges Laufenlassen der Dreierkette um Denis Zakaria (23), Nico Elvedi (23) und Matthias Ginter (26). Erst mit Stefan Lainers (27) Ball von der rechten Außenlinie Richtung Mittelkreis begann die wilde Fahrt.
Dann: Doppelpass von Marcus Thuram (22) und Jonas Hofmann (27), Thuram ließ an der Seitenlinie Abwehrkante Dayot Upamecano (21) stehen, drang in den Strafraum ein. Noch drei Pässe folgten vor dem Leipziger Tor, bis Plea eiskalt mit links abschloss: Thuram auf Hofmann, Hofmann auf Oscar Wendt (34), Wendt auf Plea. Bäm!
„Den Fußball kann man nicht neu erfinden. Wir versuchen beide, einen Fußball auf den Platz zu bringen, der das Gesamtpaket bedient mit und gegen den Ball“, sagte Rose in aller Bescheidenheit, als es darum ging, ob Leipzig um ein Haar mit seinen eigenen Mitteln geschlagen worden sei.
Vor genau einem Jahr wurde Gladbach für das 62-Pässe-Tor auf Schalke gefeiert, später bekam Trainer Dieter Hecking (55) diesen Treffer als Kunstwerk geschenkt: ein Bindfaden für jeden Pass, eine Stecknadel für jeden Empfänger. Borussias 1:0 in Leipzig hätte auf dem Fußball-Kunstmarkt ebenfalls großes Potenzial.