Das gibt’s doch gar nicht (mehr)! Derby-Absage passt in Borussias Historie
Mönchengladbach - Vor 17 Jahren musste die Entscheidung schneller fallen. Schließlich sollten die Zuschauer spätestens beim morgendlichen Blick in die Zeitung mitbekommen, dass sie sich gar nicht erst aufmachen müssen zum Bökelberg. Smartphones gab es noch nicht, nur rund die Hälfte der Bevölkerung nutzte das Internet.
Damals waren es vereiste Zufahrtswege und Tribünen, die Borussias Heimspiel gegen den VfL Wolfsburgs unmöglich machten. Nach 2003 aber konnte jedes Gladbacher Bundesligaspiel wie geplant stattfinden – bis zu diesem speziellen Sonntag. Das Derby-Aus war eine Premiere in der Borussia-Park-Ära, sprich im modernen VfL-Zeitalter. Schnee, Eis, Nebel, Regen – fast jede Wetterlage hatte den Fohlen schon einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch eine Sturm-Absage? Das war neu.
Köln-Derby erste Spielabsage in der Bundesliga seit 2011
Gladbach gegen Köln bescherte der Bundesliga ihre 387. Spielabsage. Klingt nach einer beachtlichen Zahl in knapp 57 Jahren. Wer allerdings liest, dass 1969/70 gleich 42 und 1978/79 sogar 46 Spiele verschoben werden mussten, der merkt, dass solche Ereignisse aus einem Land vor unserer Zeit stammen. Seit 2011/12 war keine Partie im Oberhaus mehr abgesagt worden, damals aus einem traurigen Grund: Schiedsrichter Babak Rafati (49) hatte vor dem Spiel Köln gegen Mainz versucht, sich umzubringen.
Lange war der Winter der natürliche Feind der Bundesliga. Erst im Zeitalter der Rasenheizung wagten sich die Spielplan-Macher mehr und mehr in den Januar. Am 10. November 1984 war es allerdings die „Suppe von Warschau“, die für Furore sorgte: Nach dem UEFA-Cup-Aus bei Widzew Lodz saßen die Fohlen zwei Nächte in Polen fest – dichter Nebel legte den Flugverkehr lahm. Das Heimspiel gegen den FC Bayern musste in die Weihnachtszeit verschoben werden und schrieb schließlich TV-Geschichte: Das Gladbacher 3:2 wurde zum ersten Bundesliga-Livespiel im ARD-Hauptprogramm.
Derby-Absage fügt sich in Gladbacher Fußball-Historie
Auch mit Abbrüchen, Annullierungen und Wiederholungen hat Borussia für historische Fußball-Ereignisse gesorgt: Pfostenbruch (1971 gegen Werder Bremen), Büchsenwurf (1971 gegen Inter Mailand), Kastanienwurf (1993 gegen den Karlsruher SC) – Spiele fürs Vereinsmuseum. Genauso unvergessen bleibt die Champions-League-Reise nach Manchester 2016, als ein epischer Wolkenbruch für eine Absage sorgte. Die Fans feierten trotzdem. Wer bis zum folgenden Tag bleiben konnte, musste jedoch eine 0:4-Pleite gegen City über sich ergehen lassen.
Knapp vier Jahre später hat nun Sturmtief „Sabine“ das rheinische Derby in die Knie gezwungen. Trainer Marco Rose (43): „Machen wir nicht mehr draus, als es ist. Ein Fußballspiel ist abgesagt worden.“ Doch das passiert heutzutage eben so selten, dass die Erinnerung an Zeiten, als es fast normal war, verblasst ist.