Borussias Millionen-Puzzle Wo können die Fohlen noch wachsen?
Mönchengladbach - Um diese Art der „Underdog“-Rolle dürften Borussia Mönchengladbach in Deutschland zahlreiche Klubs beneiden, die noch vor einigen Jahren ganz vorne mitmischten.
Im GladbachLIVE-Talk betonte Fohlen-Manager Max Eberl (46) zuletzt einmal mehr: „In dem Kontext, in dem wir uns sportlich in der Bundesliga bewegen, sind wir der finanzschwächste Klub. Der Underdog. Und als Außenseiter versuchen wir, den großen Mächten, die vor uns stehen, das Leben schwer zu machen.“
Borussia Mönchengladbach kratzt wieder an 200 Millionen Euro Umsatz
Allzu viele Mannschaften stehen in der Tabelle aktuell nicht vor Borussia, doch die Konkurrenz auf den Europacup-Plätzen bildet ein Milliarden-Sandwich: RB Leipzig, Bayern München, Borussia Dortmund, Bayer 04 Leverkusen, Schalke 04.
„Wir haben einen Umsatz von um die 200 Millionen Euro“, verriet nun Borussia-Geschäftsführer Stephan Schippers. 2019 bewegte sich der VfL demnach im Bereich des Klubrekordes von 2016. Aber was geht überhaupt noch nach oben? Wie kann Borussia die Lücke zu Bayern, Dortmund und Co. – wenn sie schon nicht mehr geschlossen werden kann – zumindest nicht exorbitant größer werden lassen?
Spielerverkäufe:
Borussia hat einen 300-Millionen-Euro-Kader, der nicht einmal die Hälfte dieser Summe an Ablöse gekostet hat. Spieler wie Marco Reus (30), Granit Xhaka (27) oder Thorgan Hazard (26) wurden in der Vergangenheit für ein Vielfaches weiterverkauft, mit den Einnahmen wurde der Kader verbreitert. Aktuell ist Denis Zakaria (23) der heißeste Kandidat, um die Fohlen mit einem möglichen Rekordtransfer eine Stufe höher zu heben – auch wenn Eberl betont, der Schweizer werde im Falle einer Königsklassen-Quali mit „sehr, sehr großer Wahrscheinlichkeit“ nächste Saison noch da sein.
Sportliche Erfolge:
Die Champions League (Eberl: „gefühlter Titel“) wäre aus Prestigegründen ein gutes Argument für Zakaria, um noch zu bleiben. Für Borussia wäre sie auch rein finanziell ein erheblicher Faktor. Startprämien, Punktprämien, Fernsehgelder, Ticketeinnahmen: Je nach Abschneiden käme ein 40- bis 50-Millionen-Batzen zusammen.
Hauptsponsor:
2009 unterschrieb Borussia den ersten Vertrag mit der Postbank, hatte damals als Aufsteiger gerade hauchdünn die Klasse gehalten. 2014 dann die Verlängerung bis 2020, wenig später war die zweite Qualifikation für den Europapokal in der Gladbacher Neuzeit fix. Finanzchef Schippers betont zwar, dass es beim Thema Hauptsponsor nicht allein ums Geld gehe (hier lesen Sie mehr): „Es sind verschiedene Punkte, die eine Rolle spielen: Was sagt die Marke aus? Wo will sie hin? Was will sie mit dir machen?“ Doch Borussia Verhandlungsbasis ist gut genug, um in diesem Bereich jährlich noch etwas mehr rauszuholen als bislang.
Stadionname:
Als einer von nur drei Klubs in der Bundesliga hat Borussia keinen Namenspartner fürs Stadion. Insgesamt geht der Verein mit dem Thema eher defensiv um, will auf keinen Fall komplett vom Borussia-Park abweichen. Schippers sagt: „Dass es perspektivisch das ‚XYZ-Stadion im Borussia-Park‘ werden kann, das mag sein. Das steht aber bei uns nicht primär im Fokus. Ein Namensgeber für das Stadion dringt sehr, sehr stark in deine eigene Identität ein.“ Eine kleinere Möglichkeit: Einzelne Tribünen könnten einen eigenen Namen bekommen. „Das kann man machen“, sagt Schippers, „aber es darf niemals diesen Borussia-Park überlagern.“
Investor:
Hertha BSC hat sich dank der Millionen von Investor Lars Windhorst (43) allein in diesem Winter deutlich spendabler gezeigt, als es Borussia jemals in einer Transferperiode getan hat. „Das ist komplett nicht unser Weg“, sagte Eberl beim GladbachLIVE-Talk über das Berliner Modell. Wenn überhaupt, dann nimmt sich der VfL den Branchenprimus zum Vorbild. „Ein gutes Beispiel ist Bayern München, die es im Endeffekt geschafft haben, drei strategische Sponsoren gesellschaftsrechtlich an den Klub zu binden“, erklärte Schippers. „Das ist sehr, sehr pfiffig gemacht. In diese Richtung denken wir, wenn wir daran denken. Aber keine Sorge, es ist alles noch im hypothetischen Bereich.“
TV-Vertrag:
National hat sich Borussia mit beständig gutem Abschneiden weit nach vorne gearbeitet in der Fernseh-Tabelle. 63 Millionen Euro erhält der Klub in der laufenden Saison aus dem Riesen-Pott der DFL (4,64 Milliarden für die Jahre 2017 bis 2021). Nach jetzigem Stand würde der Betrag kommende Saison auf 75 Millionen anwachsen.
Für die Periode ab 2021 wird bald ein neuer Vertrag ausgehandelt, Schippers ist „vorsichtig gestimmt“, dass noch etwas mehr geht, will aber „keinen Druck ausüben“. Er rechnet vor: „Es ist von Jahr zu Jahr eine steigende Summe, die die DFL an die Vereine ausschüttet – wenn wir das letzte Jahr dieser Einnahmen linear beibehalten wollen, dann muss der Vertrag um 17 Prozent gesteigert werden. Das ist auf dem Niveau schon sehr, sehr viel Geld.“
Die letzte Steigerung betrug schwindelerregende 80 Prozent. So ein Quantensprung dürfte selbst dann nicht mehr drin sein, wenn Streamingdienste wie DAZN oder Amazon ernst machen und sich die Pakete auf noch mehr Inhaber verteilen.
Digitalisierung und Internationalisierung:
Der Zuschauer im Borussia-Park merkt genauso wenig davon wie der deutsche TV-Zuschauer. Doch im Stadion baut der VfL inzwischen auf virtuelle Werbebanden. Heißt: Beispielsweise in China kann ein Partner virtuell alternative Werbebotschaften ausspielen. Generell sagt Schippers: „Man braucht kreative Gedankengänge, man muss seine Daten organisieren. Wie kann ich Sponsoren mit meinen Kontakten überzeugen? Wie kann man sich gegenseitig befruchten?“
Borussia knackt derweil die Eigenkapitalmarke von 100 Millionen Euro. Stadion, Hotel, Trainingsgelände – am Niederrhein hat man nicht nur die Intrastruktur gerne in der eigenen Hand. „Das sind wunderschöne Zahlen, aber das interessiert ja nur nachrangig in einem Fußballklub“, sagt Schippers. „Das Wichtigste ist, dass der sportliche Erfolg nachhaltig bestehen bleibt.“
Und was den finanziellen Erfolg angeht: Ein lukrativer Spielerverkauf im Sommer und eine Teilnahme an der Champions League dürften Borussia im Jahr 2020 zumindest mal über die Umsatzmarke von 200 Millionen Euro heben.